TRAJEDESALIVA "ULTRATUMBA" VS. ANDREAS DAVIDS & SVEN PHALANX "A PSYCHEDELIC TRIP INTO SPACE": TIEF OBEN - UNTER.TON | MAGAZIN FÜR KLANG- UND SUBKULTUR

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TRAJEDESALIVA "ULTRATUMBA" VS. ANDREAS DAVIDS & SVEN PHALANX "A PSYCHEDELIC TRIP INTO SPACE": TIEF OBEN

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Immer noch stehen manche Hardliner der aktuellen elektronischen Musik skeptisch gegenüber. Für sie müssen es schon tonnenschwere Synthesizer sein, die von den Musikern mühevoll bedient werden. Das Herz springt wie verrückt, wenn sie Kunstschaffenden dabei zuschauen können, wie sie an den Knöpfchen drehen und  trotz Kabelwirrwarrs immer noch Herr (oder Frau) ihres tönernden Monstrums sind.

Diesem romantisierenden Affen gibt das spanische Projekt Trajedesaliva ganz viel Zucker. Mon Ninguén, der verantwortlich für die spannenden Klänge ist, und Texterin unavena, haben "Ultratumba" ganz old fashioned produziert: keine Computer, keine Sequenzer, nur mit analogen Synthesizern. Und man würde lügen, wenn man nicht den Unterschied heraushören könnte.

"Ultratumba" lebt von der vibrierenden Wärme dieser Produktionsform. Die Sounds wirken selbst in den hohen Lagen satter und besitzen mehr Körper. Inhaltlich schreitet das Duo sehr dunkle Pfade ab. Zwar bilden die Instrumentale und das gesprochene Wort von unavena eine harmonische Enheit, klangliche Störfeuer unterbrechen jedoch diese scheinbar intakte Welt.  Besonders "Familia Ferro" verdingt sich zusehends in einen alles überwältigenden Maschinenlärm, der scheinbar unbarmherzig und nicht enden wollend den Hörer bis aufs Äußerste fordert.

Auf der anderen Seite erlaubt sich "Mammillaria Sempervivi" einen ordentlichen Pop-Anstrich, geradlinige Vierviertelbeats und schnörkellose Melodien inklusive. Diese Momente sind aber rar gesät. Insgesamt überwiegt diese dynamisierende Uneindeutigkeit in der Musik von Trajedesaliva, die sich auch im Albumcover, einem Gemälde der französischen Malerin Emilie Lagarde, manifestiert. Vordergründig erkennt man eine Familie, doch die Farbegbung, die fratzenhaften Gesichter der Eltern sowie das wie eine Mumie wirkende Kind lösen großes Unbehagen beim Betrachter aus. "Ultratumba" evoziert ähnliche Gefühle.

Und wie es der Beipackzettel verrät, ist "Ultratumba" ein als Familiendialog angesetztes Werk, das sich letzten Endes mit den Ursprüngen der Melancholie auseinadersetzt. Eine musikalische Verhandlung dieses Themas ist zwar ein alter Hut, aber Trajedesaliva haben es geschafft, ihm einen ganz eigenen, faszinierenden und schaurig-schönen Blickwinkel zu verleihen.

Der produktionstechnische Unterschied zwischen Trajedesaliva und dem Gespann Andreas Davids & Sven Phalanx ist natürlich überdeutlich. Hier sind die Sounds satt und die Bässe fett. Das macht aber "A Psychedelic Trip Into Space" nicht weniger magisch. Denn das Duo nimmt ihren Albumtitel wörtlich: Auf diesem zweiten gemeinsamen Werk nach den ebenfalls im Orbit verorteten "Broken Galaxies", das sie vor nicht einmal einem Jahr veröffentlicht haben, setzen sie zu einem musikalischen Planetenhopping an.

Nach dem Start in Form des Intros "Ready For Take Off!" bewegen sich die Songs vom innersten Planeten "Merkur (Inner Planet)"  bis zum "Pluto (The Lost Planet)", ehe die Davids-Phalanx-Rakete gen "Alpha Centauri" und damit in die Unendlichkeit steuert. Mittels entspannter Ambient-Klänge, verspieltem Beat-Programming und intelligent ins Soundkonstrukt verwobenen Sprachsamples erhalten die Himmelskörper eine Plastizität und Persönlichkeit.


So wundert es nicht, dass man der Erde die schönsten Töne zugeschrieben hat. Der Zusatz im Titel - "Mother Earth" - verdeutlicht einmal mehr, dass wir nur diesen einen Planeten haben, auf dem Leben möglich ist. Auch wenn der Umweltaspekt in keiner Weise erwähnt wird, so markieren doch die Sounds die fragile Schönheit dieses Planeten, die es zu bewahren gilt.

Dem konträr gegenüber stehen die restlichen Kompositionen, die wie bei "Jupiter (Element - Feuer)" oder "Saturn (Rings Of Saturn)"durchaus gewisse harmonische Strukturen aufweisen, um die individuellen Schönheiten der Himmelskörper zu konkretisieren, aber dennoch von einigen akustischen Verfremdungen, oder äußerst scharfkantigen Rhythmen durchkreuzt werden - ein Zeichen für die Unwirtlichkeit der übrigen Planete unseres Sonnensystems.


Der Weltraum bleibt ein Faszinosum; die größe unseres Sonnensystem treibt den menschlichen Verstand bereits an seine Grenzen. Die Dimensionen außerhalb davon mag man gar nicht mehr erfassen können. Zwsichen Staunen und Ehrfurcht ist man angesichts dieser Weiten. Ein Stück von diesem ambivalenten Gefühl steckt auch in "A Psaychedelic Trip Into Space".

Trajedesaliva und Andreas Davids & Sven Phalanx sind thematisch weit voneinander entfernt. Das eine Duo sucht in analogen Retortenklängen nach dem allgemeingültigen Weltschmerz, während das andere sich mit ihren Nummern direkt ins All schießen. Beiden gelingt der Transfer ihrer Gedanken in die Musik durch die Nutzung der Synthesizer, deren abstrakter Sound eben schon immer prädestiniert für solch ausufernde Gedanken war.


||TEXT: DANIEL DRESSLER | DATUM: 25.05.21 | KONTAKT | WEITER: KIRLIAN CAMERA VS. SOLOMUN>

Webseite:
trajedesaliva.bandcamp.com
www.facebook.com/AndreasDavids.SvenPhalanx

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Cover ©  GH Records (Trajedesaliva). Infacted Recordings (Andreas Davids & Sven Phalanx)

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