X-O-PLANET "VOYAGERS" VS. VOGON POETRY "LIFE, THE UNIVERSE AND EVERYTHING": EIN BISSCHEN SPACE MUSS SEIN!
Der Weltraum - unendliche Weiten. Allein diese vier Wörter umreißen das Unvorstellbare, das über die Grenzen des menschlichen Geistes Hinausgehende einer Existenz von anderen Sonnensystemen, Fantastillarden Kilometer von hier entfernt. Nicht nur Literaten oder Filmregisseure, sondern auch Musiker versuchen sich regelmäßig an Raumfahrergeschichten, deren Heldenreise sich offenkundig perfekt als Metapher für unser irdisches Dasein eignet.
In einigen Fällen unterstellen Bands ihr Konzept komplett der Science-Fiction-Thematik. Das kann sie zwar einerseits ästhetisch und inhaltlich sehr streng limitieren, bei ausreichendem Ideenreichtum aber auch eine perfekte "cooperate identity" bescheren. Eine Band, die damit bereits (Szene-)Erfolge vorweisen konnte, sind die Schweden von S.P.O.C.K. ("Never Trust A Klingone"). Seit rund zwei Jahren bedient sich auch X-O-Planet dieses Sujets. Klang ihr Debüt "Passengers" noch wie ein erstes zaghaftes Eintreten in ihr selbst entworfenes Sound-Space-Shuttle, zünden sie nun auf "Voyagers" die Raketen, um mit Warpgeschwindigkeit auf der Milchstraße zu cruisen.
Verlässlichkeit in Person ist dabei einmal mehr Sängerin Manja Kaletka. Ihre klare, kräftige Stimme erhebt sich über die hypermelodiösen Electro-Pop-Nummern von Goderic Northstar wie ein funkelnder Stern am Horizont und verleiht den Stücken eine gewisse Musical-Grandezza, ohne aber emotional ins Leere zu laufen.
Im Vergleich zum Erstling scheint auch der Musiker eine gewisse Selbstsicherheit in seinen üppigen Arrangements gefunden zu haben. Noch mehr als bei "Voyagers" lassen X-O-Planet den Sequenzen den nötigen Platz, um eine entsprechende Tiefenwirkung zu erzielen. Trotzdem, oder gerade deswegen, besitzen die Songs eine extreme Hitdichte und das Wiedererkennungspotenzial ist bei fast allen elf Nummern erstaunlich hoch.
Ein Grund dafür könnte das oftmals stilistische Kreuzüber von Thema und Musik sein. So kommt "Faster Than Light" trotz seines Titels eher bedächtig und schwebend daher, während "Gravity Lost" mit seinen quäkigen Vocoder-Parts und den exzessiven Gebrauch von Arpeggios in allen Tonlagen wie ein wilder Weltraumritt wirkt und weniger wie ein bewegungsloses Gleiten im schwerelosen Raum.
"Voyagers" nimmt seinen Titel ernst - und auch wieder nicht. Da wird quer durchs All gejettet, um einen "Neutron Star" zu bewundern und gleich darauf dem "Destructive Shadow" anheimzufallen. Letztgenannte Nummer ist eine der seltenen Ausflüge Goderics in die Sangeswelt. Wobei: Er belässt es lediglich bei gutturalem Gurgeln. Das widerum passt aber gut in diese Nummer, weil es so herrlich klischeebehangen den Fiesling darstellt.
Aber wer sagt denn, dass Science Fiction ein immerwährendes, bierernstes Gut-gegen-Böse-Spiel sein muss? So kommt man beispielsweise nicht umhin, die Mundwinkel beim Blick auf das Cover des neuen Albums mit den "bescheidenen" Titel "Life, The Universe And Everything" des Schweden-Dreiers Vogon Poetry nach oben zu ziehen. Die Jungs in futuristischen Robocop-Anzügen und mit Laser-Kanonen in den Händen, der Schriftzug mit deutlichen Verweisen auf "Star Wars": Hier pfeift man gepflegt auf Understatement und zeigt geradezu übertrieben das Faible für alles welträumliche.
Dass es dann auch eine S.P.O.C.K.-Coverversion - in diesem Fall das weniger bekannte, aber nicht minder geniale "In Space No One Can Hear You Scream" - sein soll, macht unmissverständlich klar, dass Vogon Poetry sich anschicken, die Lücke, den die altherwürdigen Sci-Fi-Synthie-Popper hinterlassen haben, ebenbürtig zu füllen.
Das schöne daran: Es gelingt ihnen!
Großen Anteil am Erfolg hat John Andersson, der wie sein weibliches Pendant Manja bei X-O-Planet das Spiel mit dem wohldosierten Pathos sehr gut beherrscht. Sein Organ ist kräftig, geradezu skandinavisch klar, möchte man sagen, und lässt in seinem reinen Timbre Vergleiche mit Elegant Machinery oder auch Colony 5 zu.
"Space Walk", "Danger Of Space", "In Space No One Can Hear You Scream": Ganz klar, ein bisschen Space muss sein. Das Universum bricht sich ständig Bahn in den Kompositionen des Trios aus Göteborg, unterstützt von einigen themenbezogenen Sprachsamples, die im trancigen Instrumental "Serenity" sogar die Hauptrolle übernehmen.
Doch dreht sich das Werk ja auch ums Leben, wie es der Albumtitel verspricht. Besonders "Children Of Mine" und "Tomorrow" sind die Ruhepole der Platte und gleichzeitig die ernstesten Stücke, handeln sie beide doch von unserem Dasein in naher Zukunft und der Frage, wie und wofür wir uns entscheiden. Besonders letzterer, der auch "Life, The Universe And Everything" abschließt, hinterlässt ein leicht melancholisches Gefühl der Nachdenklichkeit.
Jedoch wiegen die wunderbaren Melodien, die in den temporeichen Nummern wie "Heart Of Gold" und dem geradezu gustiösen "Dangers Of Space" exquisit auf die Spitze getrieben werden, jene etwas bedächtigeren Lieder auf, sodass "Life,..." weder zu einer sinnschweren Parabel auf die eigene Existenz mutiert (wie man es 2013 eindrucksvoll beim Film "Gravity" zu sehen bekommen hat), noch in einen käsigen Science-Fiction-Quatsch auf Groschenroman-Niveau abdriftet.
Einziger Wermutstropfen ist die doch recht kurze Spieldauer: Gerade mal rund 35 Minuten lauschen wir hier einer gut justierten Weltraum-Oper, und sie hätte ruhig noch um ein, zwei Songs länger ausfallen können. Doch liegt nicht nur die Würze in der Kürze, sondern wäre es auch fatal gewesen, etwaiges weniger perfekt ausgearbeitetes Material als tönernen Füllstoff zu nehmen und damit die Qualität dieses dritten Longplayers von Vogon Poetry zu schmälern.
Wie "Voyagers", so kratzt auch "Life, The Universe And Everything" an der Grenze zur genrebezogenen Perfektion. Alle, die sich vom Geschehen oberhalb unserer Stratosphäre angezogen fühlen (und für synthetische Musik im Allgemeinen empfänglich sind), werden sich mit diesen beiden Alben sicherlich schnell anfreunden.
||TEXT: DANIEL DRESSLER | DATUM: 30.04.2018 | KONTAKT | WEITER: KEVIN HASKINS "BAUHAUS - UNDEAD">
Webseite:
www.x-o-planet.de
vogonpoetrymusic.bandcamp.com
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COVER © Danse Macabre/Al!ve (X-O-Planet), Audite REcords (Vogon Poetry)
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