"ZEITGEIST VOL. 14" & "ZEITGEIST VOL. 15" VS. "LA DANSE MACABRE 9" - OHREN VOLL FÜR PAAR MARK FUFFZICH - UNTER.TON | MAGAZIN FÜR KLANG- UND SUBKULTUR

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"ZEITGEIST VOL. 14" & "ZEITGEIST VOL. 15" VS. "LA DANSE MACABRE 9" - OHREN VOLL FÜR PAAR MARK FUFFZICH

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Der Lockdown hat uns schon einige Zeit und Nerven gekostet. Zugegebenermaßen hat die gesellschaftliche Zwangspause nicht nur Nachteile. Denn die geschenkte Zeit kann man anderweitig nutzen. Zum Beispiel mit ausgiebigen Musikhören.

Nachdem das Label Cold Transmission seine digitale Zusammenstellung "Zeitgeist" bereits auf 13 Folgen ausgebaut hat, sind noch am Ende des vergangenen Jahres zwei weitere Veröffentlichungen erschienen. Bei dieser hohen Schlagzahl besteht die nicht unberechtigte Befürchtung, dass hier "Masse statt Klasse" das Gebot der Stunde sein könnte. Doch irgendwie schafft es die Plattenfirma, neben ihren eigenen hochtalentierten Künstlern auch immer wieder bezaubernde Juwelen von nicht vom Label gelisteten Bands aus aller Herren Länder zu platzieren, die in diesem verflixten 2020 das Licht der Welt erblickt haben, aber vielleicht auch aufgrund des alles überlagernden Themas Corona nie die Möglichkeit hatten, zu leuchten.

Dabei folgen die beiden aktuellen Ausgaben einer jeweiligen klaren stilistischen Einheit, die sich auch in der Gestaltung des Covers niederschlägt. Der pixelige Schriftzug der 14. "Zeitgeist"-Ausgabe verweist auf elektronische Klangerzeugung mit einer markanten Hinwendung zu den 80ern, während der Titel bei Nummer 15 wohl aus angedeuteten Gitarrensaiten besteht, was wiederum der Hinweis ist, dass hier der "handgemachte" Aspekt im Vordergrund steht.

Trotz einer stilistischen Limitierung bleiben beide Kompendien über ihre gesamte Spielzeit spannend. Denn Electro ist nicht gleich Electro, und auch im Post-Punk-, respektive Goth-Rock-Sektor kann man wunderbar variieren. Mal spröde, mal treibend, mal verträumt, mal aggressiv: Die "Zeitgeist"-Macher sind immer auf der Suche nach dem Besonderen im Bekannten, weswegen es auch nicht möglich ist, aus diesem Füllhorn an starken Songs den einen ultimativen Kracher auszuloten, der alles überstrahlt. Denn glaubt man, ihn tatsächlich zu erhaschen, schiebt sich gleich die nächste Nummer mit einer mindestens genauso einschmeichelnden Art hinterher.

Wohl dem, der sich sowohl für die sterilen Töne aus den brotkastenähnlchen Maschinen, als auch für stimmungsvolle bis bedrohliche Kompositionen für Saiteninstrumente erwärmen kann. Dieser wird mit beiden Veröffentlichungen schnell warm werden und über mehrere Stunden hochwertige Musik aus aller Welt für sich entdecken können - wenn er denn als treuer Fan des Labels sowieso schon den einen oder anderen Song bereits zuvor kennengelernt hat.

Für einen Spottpreis von gerade mal vier Euro pro Ausgabe wird hier zwar auch ein bisschen Werbung in eigener Sache betrieben (was völlig legitim ist), aber in erster Linie aus der Liebe zur Musik und dem Glauben einer vielschichtigen Subkultur Großartiges zusammengestellt, das ein ordentliches Gegengewicht zum Mainstream-Gothic bilden soll.

In ähnlicher Mission befindet sich auch die At-Sea-Compilation-Reihe, kuratiert von Axel Meßinger. Als unabhängiger "Musiknerd" veröffentlicht er mit einer schönen Regelmäßigkeit gleichfalls digital erwerbbare Sampler, die vor allem Meßingers nicht minder große musikalische Leidenschaft widerspiegelt und fast schon so intim wie ein persönliches Mixtape wirkt. Gothic, Shoegaze, Cold Wave, Metal oder auch Electro finden in seinen unterschiedlich betitelten Reihen Platz. Und jedes Mal vermutet man nicht nur das ungeheure Wissen des Zusammenstellers, sondern erkennt auch seine Gedanken, die er in der Reihenfolge der Songs zum Ausdruck bringt.

So beginnt und endet die neunte "La Danse Macabre", die den Schwerpunkt auf Gothic Rock, Darkwave und Post-Punk legt, mit zwei ganz zauberhaften Coverversionen. Principe Valiente haben sich respektvoll an "Broken Wings" von Mr. Mister gewagt, eine der schönsten 80s-Pop-Balladen, während James McClafferty & Dillon Ryan dem Ramones-Klassiker "Pet Semetary" einen "gruftigeren" Anstrich verpassen, indem sie - einfach, aber wirkungsvoll - das Originaltempo etwas drosselten und das Arrangement üppiger gestalteten.

Dazwischen tummelt sich allerhand, was nicht Rang und Namen hat, aber eigentlich zu höheren Weihen bestimmt sein sollten. Auch hier ist es unmöglich, einzelne Künstlerinnen oder Künstler herauszustellen. Ehrlicherweise müsste jedes Lied eine besondere Erwähnung erhalten, was aber angesichts der Menge (36 Songs sind zu verbuchen) den Rahmen kolossal sprengen würde.

So sei als verbindliche Darreichung an den Hörer folgendes noch erwähnt: Es empfiehlt sich, die neunte Folge von "La Danse Macabre" in vorgegebener Reihenfolge abzuspielen. Sie sind, gleich einem DJ-Set, einem bestimmten Spannungsbogen unterworfen, der beispielsweise auch einen kleinen Block an reinen Instrumentalen involviert.

Für ebenfalls läppische fünf Euro kann man erneut für Stunden in die wunderbare Welt der zeitgenössischen melancholischen Musik eintauchen. Zusammen mit den "Zeitgeist"-Samplern hat der geneigte Hörer für insgesamt 13 Euro einen umfangreichen und vor allem authentischen Blick über das, was man bei großen Festivals selten bis gar nicht zu sehen bekommt. Zu verdanken haben wir das einer Handvoll Menschen, deren Hingabe an die Musik für Außenstehende überwältigend ist.

||TEXT: DANIEL DRESSLER | DATUM: 15.01.21 | KONTAKT | WEITER: KURZ ANGESPIELT 1/21>

Webseite:
www.coldtransmission.com
www.at-sea-compilations.de

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