CRYING VESSEL "SEPULCHERS - THE MAIDEN", "SEPULCHERS - THE SERVANT": OPUS MAGNUM - UNTER.TON | MAGAZIN FÜR KLANG- UND SUBKULTUR

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CRYING VESSEL "SEPULCHERS - THE MAIDEN", "SEPULCHERS - THE SERVANT": OPUS MAGNUM

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Besser hätte das Artwork für die beiden Alben "Sepulchers - The Maiden" und "Sepulchers - The Servant" nicht ausfallen können. Die emblemartigen Reliefs, verziert mit jeder Menge Vanitasmotiven und klassischen Bildhauereiskulpturen vermitteln bereits etwas Erhabenes, etwas Majestätisches. Ohne auch nur eine erste Note vernommen zu haben, wird einem das Gefühl gegeben: Hier ist etwas Großes entstanden. Und so ist es denn auch.

Crying Vessel aus Bern haben sich das Motto "klotzen statt kleckern" deutlich aufs Revers geschrieben und in zwei Alben ihre kompletten musikalischen Erfahrungen einfließen lassen. Diesen reichen von cineastisch interpretiertem Post-Punk bis hin zu dunkel glitzernden Electro-Pop und Retrowave-Perlen. Durch die strikte stilistische Trennung funktionieren beide Werke separat für sich, werden aber beide von einem markanten Intro verlinkt.

Wer die Maxi-Version von Frankie Goes To Hollywoods "Welcome To The Pleasure Dome" sein Eigen nennen kann, erinnert sich noch an den von einer sonoren Erzählstimme gesprochenen Part zu Beginn der Langversion (der später auch noch in manchen Technoliedern verwurstet oder zitatweise übernommen wurde - aber das nur am Rande). In ähnlicher Weise funktionieren auch diese Eröffnungsstücke, die wie in Shakespeare-Manier die Hörerschaft auf das kommende tönerne Schauspiel in mehreren Akten vorbereitet.

Die als "The Maiden" bezeichnete Langrille taucht dabei tief in den Weltschmerz ein. Wie die Plattenhülle mit seinen vielen Totenköpfen von der Vergänglichkeit kündet, strahlen auch die Songs eine zersetzende, todessehnsüchtige Aura aus.  Am Ende steht das tonnenschwere, von verzerrten Vocals und mächtigem Schlagwerk durchsetzte "The Fiifth Circle (If Eyes Could Talk), das an die epischen Stücke von Diary Of Dreams erinnert. Bis es dort allerdings sehr schwarz wird, mäandert "The Maiden" durch klangliche Nebelschwaden ("Fractured Echoes") oder schielt verstohlen auf die Tanzfläche (besonders "Bringing Down The Nation" hat den richtigen Rhythmus zum Schwofen).

Ist "The Maiden" so etwas wie der Hades, dann ist der zweite Teil "The Servant" sein Gegenspieler. Der melancholische Tenor ist auch auf diesem Longplayer noch vorhanden, aber das Instrumentarium wurde einmal komplett ausgetauscht. Statt knackiger Gitarrenriffs und wuchtigem Schlagzeug, halten nun Synthesizer und Computerbeats Einzug in den musikalischen Kosmos von Crying Vessel. Auch wenn "Until Dawn" (bei dem Sänger Slade Templeton teilweise an den stimmlichen Zauber eines Mark Hollis von Talk Talk heranreicht), und "Our Own Little World" ein paar Post-Punk-Gitarrenspuren aus dem anderen Album herüberrettet, ist die gesamte Stimmung auf "The Servant" dennoch eine positivere. Da sind ganz viele 80er-Vibes zu spüren (inklusive die fast schon vergessene Kunst des Ausblendens), die das Duo mit ihren eigenen Ideen füllen.

Erstaunlich an diesen beiden Alben ist vor allem eines: Sie klingen gerade so, als stammen sie von Künstlern, die sich ein Leben lang mit nichts anderem beschäftigt haben. Trotz zwei völlig gegensätzlicher Alben, wirkt keines gezwungen oder unbeholfen. Das macht Crying Vessel zu einem regelrechten Sound-Chamäleon. Denn sowohl Popper als auch Gruftis werden in den beiden "Sepulchers" Alben ihre glücksbringenden Momente erleben.

||TEXT: DANIEL DRESSLER | DATUM: 21.2.25 | KONTAKT | WEITER: KURZ ANGESPIELT 3/25>

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