FELINE LANG "DAS PUPPENHAUS" / "DOLL'S HOUSE": KOMM SPIELEN!
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Wie so viele andere Kunstwerke, die dieser Tage auf dem Markt erscheinen, hat auch "Das Puppenhaus", der erste Roman von Feline Lang, seinen Ursprung in der Corona-Pandemie. Die Sängerin der Band Feline & Strange, die dank ausgefallener Darbietungen im expressionistischen Kosmos zwischen Steam Punk und Dark Cabaret in der hiesigen Szene mittlerweile ein fester Bestandteil geworden ist, hat mit den Arbeiten am Buch in den Zeiten des Lockdowns begonnen. Das beklemmende Gefühl, in seiner Freiheit eingeschränkt worden zu sein und das soziale Leben auf ein Minimum herunterzufahren, klingt auch in "Das Puppenhaus" an.
Vor allem ist das Buch aber der gelungene Versuch, den arg strapazierten Begriff "Kunstfreiheit" auf sich selbst zu werfen. Kunst ist der geschützte Raum, in denen wir all unsere Fantasien, Wünsche und Ängste zu einer traumhaften Episode verschmelzen lassen können. Wahrhaftigkeit ist die Maxime jedes guten Kunstwerkes und vermag, die Menschen an ihren verletzlichsten Punkten zu berühren. Nichts weniger will "Das Puppenhaus".
Um dies zu erreichen, verlässt Feline die üblichen Erzählstrukturen und verlässt sie sich auch ganz auf ihr Bauchgefühl als Musikerin, Performancekünstlerin und Schauspielerin. "Das Puppenhaus" ist ein Labyrinth verschiedener Realitäten, verpackt in kraftvollen, lebendigen Wörtern. Ein bisschen wie bei Lewis Carroll, nur wesentlich dunkler und ans Eingemachte der Psyche gehend.
Feline, die selber unter Depressionen leidet, befasst sich seit jeher mit den wankelmütigen Geisteszuständen des Menschen. "Das Puppenhaus" wirkt daher wie ein Sinnbld für unsere unausgesprochenen Wünsche und Ängste, die sich tief in unsere Seele einnisten und ständig vor sich hinrumoren. Die bisweilen wie ein Fiebertraum gehaltene Geschichte über eine schaurige Familiensaga der Bewohner dieses Puppenhauses (und darüber geordnet die Frage nach der "Wirklichkeit" ihrer Existenz) hat die Künstlerin auf allen Ebenen ausgearbeitet.
Der teilweise telegrammartige Schreibstil, die wie Regieanweisungen reingeworfenen Zwischenabsätze, das lustvolle Spiel mit den Wörtern: Feline gibt ihrem Roman eine paranoide, expressionistische Note, die sie in der haptischen Buchfassung um verschiedene Schriftarten und eindringliche Bilder erweitert. Dazu gesellt sich mit " The Doll's House" auch noch ein Album zum Buch - konsequenterweise, denn am Anfang stand die Musik, aus der sich über die Zeit der Roman herauskristallisierte.
Ihrem Nimbus als "deutsche Amanda Palmer" wird sie einmal mehr gerecht. Stücke wie das somnambule "Doll In The Backroom" und vor allem "Sister Sister" zeigen die stilstische Nähe zur Bostonerin. Dennoch verlinkt die Mezzosopranistin das Album bei aller Internationalität auch mit ihrem Heimatland, und das auf überraschende Weise. "Das neue Normal" ist nicht nur ein beißender Abgesang auf unsere derzeitige gesellschaftliche Schieflage, sondern wurde auch von keinem geringeren als Kurt Dahlke alias Pyrolator geremixt. Der Mann hat die Neue Deutsche Welle mit seinen kindlich-naiven Elektro-Miniaturen als Teil von Der Plan maßgeblich mitgeprägt und zählt auch heute noch zu den Leitsternen synthesizerbasierter Klangerzeugung.
So wandelt "The Doll's House" zwischen kunstvoll arrangierten Dark-Cabaret-Nummern und technoiden Tracks. Dazwischen gibt Feline eine Kostprobe ihres Könnens als Geschichtenerzählerin. Ihre Schauspielausbildung kommt da einmal mehr zum Tragen, sodass ihre kleinen gesprochenen Einschübe wie "Abzählreim", "Signs" und "Ich bin das Haus" sich nahtlos in die spannenden musikalischen Darbietungen einfügen.
Das Buch ist aber erst der Anfang. Zwei weitere Bände werden noch folgen. Ob mit oder ohne musikalische Begleitung ließ die Sängerin im Interview mit UNTER.TON noch offen. Zuzutrauen wäre es der unermüdlichen Künstlerin.
||TEXT: DANIEL DRESSLER | DATUM: 07.11.2023 | KONTAKT | WEITER: KURZ ANGESPIELT 17/23>
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Cover © Ed. Outbird ("Das Puppenhaus"), Foxy Records ("Doll's House")
ISBN: 9783948887506
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