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HANNE KOLSTØ "FOREVER MAYBE": HINTER DEM RHYTHMUS

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Das Selbstverständnis weiblicher Musiker aus dem skandinavischen Raum ist wirklich bemerkenswert: Anstatt mit wohl mundenden, leicht bekömmlichen Pop-Kanapees um die Gunst der Hörerschaft zu buhlen, überbieten sich die Damen immer wieder in gewagt klanglicher Haute-Cuisine – und liefern dabei wunderbar verspielte Longplayer an der Schnittstelle zwischen Mainstream und Alternative ab.

Robyn
beispielsweise präsentiert extrem rhythmische Electro-Punk-Klumpen; Lykke Li hingegen angenehm flirrende Folk-Pop-Stücke. Immer eigenständig, immer herausragend.

Aktuell nun spannt die Norwegerin Hanne Kolstø mit ihrem vierten Werk "Forever Maybe" einen eklektizistischen Bogen, unter dem sich leicht rumpelige Elektronik, forscher Indie-Rock und schnörkelloser Pop ein harmonisches Stelldichein geben.


Dass es gerade "We Don't See Ourselves" zur gesonderten Auskopplung geschafft hat, verwundert gar nicht: In diesem Song zeigt die kreative Musikerin, wie spielerisch sie einen perfekten Pop-Song mit einem fröhlich Purzelbaum schlagenden Refrain produzieren kann.

Und doch liegt das eigentliche Wesen der Hanne Kolstø zwischen den Noten – oder besser gesagt: hinter dem Rhythmus.


Gleich zu Beginn poltern die Schlagwerk-P
rogrammierungen durch die Lautsprecher; begleitet von einem sonoren Bass, der sofort durch Mark und Bein wandert. Bei aller Freundlichkeit, die "We Don't See Ourselves" ausstrahlt, so ist dem klanglichen Frieden nie ganz zu trauen. Und fürwahr zeigt sich die Frau mit der markanten Kurzhaarfrisur über Albumlänge alles andere als gut gelaunt.

Die Skandinavier und ihre Melancholie, da passt bekanntlich kein Blatt dazwischen, und sei es noch so dünn. Gerade im Titelsong breitet sich die Schwermut wie ein dunkler Schleier über die von pluckernder Elektronik und synthetischen Streichern durchsetzten Sounds. Hanne singt von Abschied und Einsamkeit; völlig unprätentiös und doch voller Hingabe. Ein Stück, so endlos wie die weite, norwegische Natur.


Doch die Sängerin stirbt nie gänzlich in Schönheit, sondern wartet ab, bis der geneigte Hörer sein Bad im gediegenen Weltschmerz nimmt, um ihn mit "The Urge To Repeat" alsbald auf einen rasanten Wellenritt zu schicken: Die Stimme ist leicht angezerrt, die Gitarren heulen uns aufs Vortrefflichste etwas vor – und lassen die zu Beginn bewusst atonal gestimmte Hanne extrem punkig daherkommen.

Ähnlich verhält es sich auch mit "All Is Contagious", allerdings nur zu Beginn. Im Refrain zeigt die Musikerin dann wieder ihr Gespür für melodiöse Grandezza und eingängige Songstrukturen.

Immer mit von der (Klang-) Partie: Øyvind Rørsud Gundersen. Sie sind nicht das erste Mal effektive "partners in crime": Schon die früheren Kolstø-Produktionen bestritten die beiden gemeinsam.

Während aber auf "Riot Break" (2012) und "Flash Back" (2013) der unerschöpfliche Ideenreichtum nie so wirklich in geregelte Bahnen gelenkt werden konnte, scheint Hanne Kolstø mit dem 2014er Werk "Stillness And Panic" und eben jetzt "Forever Maybe" endlich das passende Gefäß für ihre bemerkenswerte Klangkunst gefunden zu haben.

Doch bleibt sie stets die unangepasste Rebellin – wie auf dem aktuellen Cover, wo der Betrachter das ohnehin verschwommene Konterfei der Sängerin durch Farbkleckse, Wasserflecken oder mystische Greifvogelkrallen noch undurchdringlicher wirkt. Hanne verschwindet hinter der Kunst – und die Kunst verschwindet hinter Hanne.


Vier Alben in vier Jahren: D
as ist eine echte Hausnummer und zeugt von ihrer momentan nicht versiegenden Kreativität. Hoffen wir einfach, dass diese Freude am Spielen weiter anhält. Wie lange? "Forever Maybe"...

||TEXT: DANIEL DRESSLER | DATUM: 20.02.15 |  KONTAKT |  WEITER: BLOMA (PAUL ANSTEY) "BLOMA" >





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Website
www.hannekolstoe.com


COVER © JANSEN PLATEPRODUKSJON/BROKEN SILENCE.

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