CRUSH OF SOULS "LÉZIRE" VS. RINA PAVAR "SIX": AUFGEWÄRMT KLINGT'S NOCH BESSER
Kling & Klang > REVIEWS TONTRÄGER > P > RINA PAVAR

Auf "Lézire" wird das Blasinstrument nun zu einem räudigen Gegenpart des extrem anachronistischen Elektroniksounds, den Mastermind Charles Rowell mit einer großen Detailversessenheit realisiert hat. Die Spannung, die sich daraus ergibt, kann bereits im Opener "World Tears" nachempfunden werden. Auf einem industriell angehauchten Sound, der sich vage an Depeche Mode der mittleren 80er (also zu jener Zeit, als Alan Wilder zur Band stieß und ihren Sound maßgeblich beeinflusste), grätscht das Saxofon mit einer Aufmüpfigkeit in die finalen Akkorde. Beim Nachfolger "Cult Of Two" setzt er dagegen nur dezente Akzente im Hintergrund.
Nach diesem fulminanten Beginn dürfte jedem, der in musikalischem Sinne bis drei zählen kann, klar sein, dass "Lézire" nicht nur den aktuellen Hörgewohnheiten zu trotzen versucht, sondern Crush Of Souls darauf bedacht ist, tatsächlich wie eine verschollene Band aus dem glorreichen Popjahrzehnt zu klingen. Dafür wird sogar auf ein HD-Klangbild verzichtet; die Lieder sind bewusst dumpf gehalten und machen den Eindruck, als habe man gerade ein altes Tape in den Rekorder gelegt und die schwere Play-Taste nach unten gedrückt. Besonders "You Rose Up", in dem eine Akustikgitarre im Walzertakt eine morbide Stimmung wie einst namhafte 4AD-Künstler hervorruft, erhält durch die suppige Aufnahme ein besonderes Flair, Rowells eindringliche, betörende Stimme intensiviert die abgedunkeltes Stimmung.
Dem gegenüber stehen dann aber Songs wie "No Soul" und vor allem "Touch Of A Heartbeat", die mit ihren EBM-Sequenzen teilweise das Flair alter belgischer New-Beat-Songs versprühen und eine erheblich kantigere Seite des Projekts präsentieren. Doch in welcher Richtung "Lézire" auch steuert: Es geschieht stets mit einer großen Selbstsicherheit und klaren musikalischen Idee. Die zieht das Projekt auch bis zum Schluss durch, wenn die Reprise von "Love Is Law" in eine langgezogene Ausblende mündet. Mehr "früher" geht eigentlich nicht.

"Six" ist, entgegen des Titels, erst Rinas zweites Album, das die Energie ihres Erstlings "Vivid Night" weiter vorantreibt. Trockene Beats, rollende Basslinien und hypnotische Sequenzen tragen Rinas fast tonlosen Sprechgesang, von der aus eine erotische Kühle ausgeht. Ähnlich wie SDH (Semiotics Department Of Heteronyms) fußt die Dynamik der Stücke auf treibende Sounds und betörenden Texten. Vor allem der Titelsong bringt die Spannung perfekt auf den Punkt: Unnachgiebig kickt die Bass-Drum, während es subbassig blubbert und die Synthielinien eine beklemmende Atmosphäre zaubern. Darüber thront Rina: unnahbar, bestimmt, dominant.
Der strukturierte Klang ihrer Lieder fügt sich perfekt in das Gesamtbild der Künstlerin ein, die auch als Malerin tätig ist. Auf ihrer Seite kann man ihre Werke bewundern (und natürlich auch erwerben). Ihre Bilder sind eine Meditation über geometrische Formen, die sie immer wieder in neue Beziehung setzt. Ob ein Song wie "Symmetric Vision" auch einen Bezug zu ihren Kunstwerken besitzt. Der Selbstversuch jedenfalls brachte das Ergebnis, das ihre Bilder und Songs in Kombination sehr gut harmonieren.
"In the end it's all good" heißt es in diesem Lied - dem kann man beim Betrachten und Hören von Rinas Werke nur zustimmen. Hier nähert sich ein gestalterischer Mensch Stück für Stück seiner Mitte und lässt uns daran teilhaben durch berauschende Kunstwerke. Und diese Reise ist noch nicht abgeschlossen. Man darf gespannt sein, welche Erkenntnisse Rina Pavar noch mit uns teilen wird.
||TEXT: DANIEL DRESSLER | DATUM: 28.03.25 | KONTAKT | WEITER: BLESSED CHILD OPERA VS. LISA HARRES>
Webseite:
Webseite:
Kurze Info in eigener Sache
Alle Texte werden Dir kostenfrei in einer leserfreundlichen Umgebung ohne blinkende Banner, alles blockierende Werbe-Popups oder gar unseriöse Speicherung Deiner persönlichen Daten zur Verfügung gestellt.
Wenn Dir unsere Arbeit gefällt und Du etwas für dieses kurzweilige Lesevergnügen zurückgeben möchtest, kannst Du Folgendes tun:
Druck' diesen Artikel aus, reich' ihn weiter - oder verbreite den Link zum Text ganz modern über das weltweite Netz.
Alleine können wir wenig verändern; gemeinsam jedoch sehr viel.
Wir bedanken uns für jede Unterstützung!
Unabhängige Medien sind nicht nur denkbar, sondern auch möglich.
Deine UNTER-TON Redaktion
POP-SHOPPING


Du möchtest diese CD (oder einen anderen Artikel Deiner Wahl) online bestellen? Über den oben stehenden Link kommst Du auf die Amazon.de-Seite - und wir erhalten über das Partner-Programm eine kleine Provision, mit der wir einen Bruchteil der laufenden Kosten für UNTER.TON decken können. Es kostet Dich keinen Cent extra - und ändert nichts an der Tatsache, dass wir ein unabhängiges Magazin sind, das für seine Inhalte und Meinungen keine finanziellen Zuwendungen von Dritten Personen bekommt. Mit Deiner aktiven Unterstützung leistest Du einen winzig kleinen, aber dennoch feinen Beitrag zum Erhalt dieser Seite - ganz einfach und nebenbei - für den wir natürlich außerordentlich dankbar sind.
ANDERE ARTIKEL AUF UNTER.TON
Rechtlicher Hinweis: UNTER.TON setzt auf eine klare Schwarz-Weiß-Ästhetik. Deshalb wurden farbige Original-Bilder unserem Layout für diesen Artikel angepasst. Sämtliche Bildausschnitte, Rahmen und Montagen stammen aus eigener Hand und folgen dem grafischem Gesamtkonzept unseres Magazins.
© || UNTER.TON | MAGAZIN FÜR KLANG- UND SUBKULTUR | IM NETZ SEIT 02/04/2014. ||