MARC MÉLIA "PIÈCES MONOPHONIQUES" VS. ROBERT SCHROEDER "MOSAIQUE" VS. KLANGWELT "SECOND NATURE": ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT
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Die immer komplexer werdende Technologie führt uns an einen kritischen Punkt, an dem wir Menschen mit unserem limitierten Wahrnehmungsvermögen diesen Fortschritt nicht mehr folgen können oder wollen. Und wenn an diesem Punkt des Lebens Marc Mélia mit seinem dritten Werk "Pièces Monophoniques" um die Ecke kommt, wird einem plötzlich bewusst, dass es gar nicht HD-Realitäten braucht. Der Mann aus Mallorca zelebriert auf diesem Longplayer die Einfachheit. Bewaffnet mit einem monophonen Synthesizer (also jenes schon antik zu nennende elektronische Tasteninstrument, das nur einen Ton und keine Akkorde spielen kann), sucht der Mann die Schönheit in der Einfachheit der Dinge.
Keine Beats, keine komplexen Flächen, kein Dreiklang. Nur die nackten Töne. Doch was so nüchtern klingt, entwickelt sich im Laufe des Albums zu einer großen Offenbarung. Denn wie es der plakative Songtitel "Illusions Of Polyphony" bereits andeutet, schafft es Marc, seinen Maschinen einen raumgreifenden Klang zu entlocken. Genannter Titel ist ein durch viel Hall und kaskadenartigen Sequenzen bestückter Song, der die technische Limitierung einfach gekonnt umschifft. Gleiches gilt bei "Échos Et Fantasies", das ungestüm wabernde, aber immer üppig klingende Elektronik bereithält.
Über allem steht stets die Liebe zu verspielten Melodien an erster Stelle. Sie zeichnet "Pièces Monophoniques" aus, die in Stücken wie "224 Steps" und "In Simplicity We Trust" zudem das große Talent des Mallorquiner darlegt, eine an sich in die Jahre gekommene Technik zu neuem Leben zu erwecken. Das Album ist von einer eigenwilligen Schönheit, in die sich jeder halbwegs musikalisch beschlagene Konsument einfach verlieben muss.

Doch während die anderen Werke Schroeders reine Alleingänge waren, wurde für diesen Longplayer eine ganze Band zusammengestellt, von denen vor allem Gitarrist Charly Büchel herausragt. Seine Parts - mal mehr, mal weniger vordergründig in Szene gesetzt - verleihen dem Album eine progrockige Note. Bereits der Titelsong klingt anders als alles andere, was Robert davor und danach sich erdacht hat. Im Geiste zwar immer noch Berliner Schule, sind die Lieder von einer Improvisationslust und "Sessionhaftigkeit", wenn man es so ausdrücken möchte, gezeichnet. "Mosaique" klingt mehr nach spontaner Studioaufnahme als nach streng durchkomponierter Elektronik - und betont vor allem das rhythmische Moment.
Das marschierende "Aix La Chapelle" mag beispielhaft dafür sein. Man möchte fast meinen, dass dieser Song Pate stand für das zwei Jahre später erschienene "The Last Film" von Kissing The Pink, gleichwohl es sehr unwahrscheinlich ist, dass sich der deutsche Musiker und die britischen New Waver jemals begegnet sind.
Robert Schroeder hat "Mosaique" seinerzeit auf Klaus Schulzes Label IC veröffentlicht;jener hat auch "Mosaique" produziert. Seit 20 Jahren verbindet Schroeder jedoch mit Spheric Music Chef Lambert Ringlage eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Dieses Jubiläum nahm der Musiker aus Aachen daher zum Anlass, sein drittes Album erneut zu veröffentlichen. Erweitert um die Stücke "Syntropia" und "Galactical", die einen wieder näher zum typischen Schroeder-Sound bringen, steht dieses Werk nach wie vor als eine Besonderheit im weitschweifigen Oeuvre des Aachener Klangforschers.

Bei "Second Nature" finden sich einmal mehr eine Mischung aus verschiedenen Spielformen elektronischer Klangerzeugung vor, wobei das Hauptaugenmerk auf eine harmonisch-fließende Struktur liegt. Das schließt eine Betonung des Rhythmus wie bei "Mr. Bloom" und dem Shuffle-Stück "Never Again" nicht aus. In "Rush Hour" treibt Klangwelt dies sogar auf die Spitze: Ein trockenes, aber treibendes Schlagzeug im typischen Hyperspeed-80er-Stil begleitet Stakkatogesang und angedeutete Melodien. Arend schafft es auch in diesem, für seine Verhältnisse wilden, Stück die Kernidee von Klangwelt aufrecht zu erhalten.
Seine schönsten Momente hat das Album aber zweifelsohne in den ruhigen, kontemplativen Nummern. "Tree 602" besitzt diese magische Eleganz, ebenso das dubbige "Scaramanzia", das soundtechnisch experimenteller daherkommt im Vergleich zu den anderen Nummern (vermutlich dienen gesampelte Glasflaschen, die auf den Boden fallen, als rhythmisches Element). Und in "Anyway" vermitteln die wohl abgestimmten Flächen ein Gefühl von Leichtig- und Schwerelosigkeit.
So ist "Second Nature" unter dem Strich vor allem eines: ein Album, das von einer Vielzahl guter Ideen durchzogen ist. Man wartet mit Spannung auf den nächsten Track, wohlwissend, dass er wieder voller Überraschungen sein wird und gleichzeitig perfekt in die Klangwelt von Klangwelt passt. Zudem schafft es Arend auch, voll und voluminös zu klingen, ohne dabei auf besonders laute Elemente zu setzen. Durch eine geschickte Kombination verschiedener Elemente und subtile Dreingaben entstehen Stücke, die in erster Linie zwar in den eigenen vier Wänden am besten zur Geltung kommen, aber auch in der beginnenden Afterhour einer Großraumdiskothek problemlos funktionieren können.
||TEXT: DANIEL DRESSLER | DATUM: 23.05.25 | KONTAKT | WEITER: FIR CONE CHILDREN VS. SILVER TEARS>
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© || UNTER.TON | MAGAZIN FÜR KLANG- UND SUBKULTUR | IM NETZ SEIT 02/04/2014. ||
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