DORCAS "DORCAS" VS. ÅRABROT "RITE OF DIONYSUS": NEUE WELTEN
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Ebenso sind bei diesem Debüt keine beredten Titel zu erwarten. Die Songs wurden alle chronologisch mit römischen Zahlen durchnummeriert. Das ist natürlich Kalkül: Nichts mehr soll ablenken von den Klängen, die uns der oder die Unbekannte kredenzt. Das Label gibt nur einen Hinweis: Das aus Instrumentalen bestehende Werk basiert auf die literarischen Arbeiten des Fantasy-Autors Gene Wolfe. Diese kleine Richtungsvorgabe hilft sicherlich, das Gehörte thematisch einzuordnen.
Denn "Dorcas" ist ein Urwald an verschiedenen Klängen und Sounds. In seiner Grundausrichtung klassisch-filmisch angelegt, erhält jeder Titel einen erhabenen Moment, in dem sich die volle Schönheit der Komposition entfaltet. Ein bisschen fühlt man sich an die eklektischen Stücke eines Woodkid erinnert, wobei Dorcas sich nicht verleiten, zu poppig zu klingen. "VI" beispielsweise arbeitet mit festlichen Bläsern, die von einer redundanten Bassfigur begleitet werden. Teilweise muten die Melodien leicht atonal an, was die Dynamik und auch die Spannung des Stücks ausmacht.
Selbst in den kontemplativen Momenten bei den Songs "IV" und "V" finden sich majestätisch anmutende, transzendierende Momente, die den Stücken etwas schwereloses verleihen. Zusätzlich werden durch verschiedene Choräle festliche Stimmungen generiert, Gänsehautaktivierung inklusive. Am Ende kehren Dorcas zu einem klassischen Cembalo-Kleinod zurück, das sie aber mit viel Halleffekt verfremden und elektronischem Knistern unterfüttern. Am Ende klingt dieses Stück nicht nur wie einen verblasste Erinnerung an frühere Tage, sondern auch wie die klangliche Ausstaffierung einer gespenstischen Szenerie.
Dorcas ist ein spannendes Debütalbum gelungen, das sich nicht darum schert, aktuellen Trends zu folgen, sondern einzig und allein der eigenen musikalischen Vision. Berührend, emotional und gleichzeitig sehr erhaben und erhebend. Mal sehen, wie lange Dorcas die Anonymität noch aufrecht erhalten kann.

Das aktuelle Album entstammt aus der gleichen Session wie jener zum vorherigen Werks. Deswegen wird nun auf "Rite Of Dionysus" der - überraschend elektronische - Titelsong "Of Darkness And Light" endlich nachgereicht. Doch diese Spitzfindigkeiten seien nur am Rande erwähnt. Schließlich geht es um das, was uns Årabrot musikalisch präsentiert. In dieser Beziehung wird der eingefleischte Fan einige Überraschungen erleben.
Schon immer umwehte das Projekt ein Hauch von Spiritualität. Kjetil als großer Mann mit breitkrempigem Hut flößt von sich aus schon Respekt ein; seine zentnerschweren Songs, durchzogen von Schmerz, Dunkelheit und angelehnt an klassische Werke wie Dantes "Inferno" sowie existenzialistischen Schriftstellern, komplettieren das düstere Auftreten. Bei "Rite Of Dionysus" werden Verlust und Selbstzweifel zum Wohle der Kunst ausgeschlachtet, wobei der Beginn des Albums fast schon so etwas wie Hoffnung birgt. "I Become Light" wirkt wie eine persönliche Wiederauferstehung.
Dem gegenüber steht "A Different Form" als verboten gute Rocknummer mit einer der eingängigsten Melodien seit langem. Wie aber auch bei "Satantango" und dem ironischen "Rock'n'Roll Star" bleiben die Vorhänge zugezogen und das Individuum allein mit seinen niederschmetternden Gedanken. Da helfen auch Parks lieblichen Gesangspassagen nicht viel. Bei einem Song wie "Pedestal" erfährt man den Schmerz in jeder Note.
Im Vergleich zu den vorherigen Werken klingen Årabrot weniger rockig, dafür introvertierter. So kann auch ein Stück wie "Mother", einer Quasi-Anbetung der Mutterfigur, nur mit gedankenverlorenen Analogsynthesizern eingespielt werden. Natürlich sind es aber Stücke wie "Death Sings His Slow Song", die bei den Fans zweifelsohne für Verzückung sorgen werden. Der hypnotische Dunkel-Rock ist bei Kjetil immer "on point".
Reden wir von innovative, mutige Alben für das Jahr 2025, kommen wir unweigerlich bei "Dorcas" und "Rite Of Dionysus" an, deren Kompositionen vor allem eines sind: authentisch und ungekünstelt. Dorcas ist ein Liebhaber der Musik und meisterlicher Arrangeur, Årabrot dagegen haben ihren Stil weiter verfeinert, bleiben aber stets das, was sie schon immer waren: Melancholiker vor dem Herrn.
||TEXT: DANIEL DRESSLER | DATUM: 26.08.25 | KONTAKT | WEITER: VARIOUS ARTISTS "NIGHTCRAWLER - COLD TRANSMISSION MUSIC REMIXES" VS. "DURCHSTRÖMUNGEN 4">
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COVER © Oficyna Loża (Dorcas), Pelagic Records (Årabrot)
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© || UNTER.TON | MAGAZIN FÜR KLANG- UND SUBKULTUR | IM NETZ SEIT 02/04/2014. ||
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