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FEEDING FINGERS "I WON'T EAT THE HORROR": ZURÜCK ZUM NORMALZUSTAND

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Das ist doch mal eine Ansage: Justin Curfman, kreativer Kopf der Feeding Fingers, hat via sozialer Medien verkündet, dass er nun, nachdem das neueste Album "I Won't Eat The Horror" veröffentlicht worden ist, simultan an drei neuen Platten arbeiten will. Ob diese Arbeitswut vielleicht das Ergebnis einer schweren Zeit ist, die es zu verarbeiten gilt?

Immerhin muss auch er mit den Folgen der Pandemie leben, die ihm nun seit rund einem Jahr quasi ein Berufsverbot auferlegt hat. Doch trifft Curfman die Pandemie noch ein Stück härter, da sie ihn als Sprachlehrer und Globetrotter - der Musiker lebt wahlweise in Italien oder den Vereinigten Staaten - in seinen Aktivitäten doch sehr stark einschränkt. Schlimmer jedoch dürfte die Tatsache wiegen, dass Drummer Christopher Fall Anfang letzten Jahres mit der Diagnose Speiseröhrenkrebs konfrontiert worden ist.

Vielleicht wirkt "I Won't Eat The Horror" deswegen auch ein bisschen pessimistischer und klaustrophobischer als die Vorgänger - aber auch geradliniger. Als ob die siebte Veröffentlichung eine gewisse Konstanz vermitteln will, um der chaotischen Außenwelt geordnet entgegen zu treten. Das bedeutet aber nicht, dass Feeding Fingers ihren Biss verloren hätten. Selbst in konventioneller gestrickten Songs zeigt sich das Dreiergespann immer noch aufrührerischer als so viele andere Kollegen ihrer Zunft.

Denn für Curfman und seine Mitstreiter schien bislang nichts langweiliger zu sein, als einen Song in seinen konformen Mustern aufzubauen. Der Wunsch danach ist auch auf dem aktuellen Longplayer nicht unbedingt größer geworden. Allerdings vermittelt der Opener "Barely Two" in seinen redundanten Gitarrenlicks so etwas wie Sicherheit, während Curfman den entrückten, vom Weltschmerz durchzuckten Barden gibt.

In erstaunlich knappen Songs entfaltet sich einmal mehr der surrealistische Kosmos der fütternden Finger, die sie übrigens stets kongenial in ihren Videoclips visualisieren. "Stapled To Your House" verkörpert dabei perfekt den verschrobenen, psychedelisch angehauchten Impetus einer Band, die aber in ihren Grundzügen nichts anderes als klassische Post-Punks agiert - und bei diesem Album sogar eine Nähe zu den frühen Killing Joke, The Cure und in ihren poppigsten Momenten einen Hauch U2 vermitteln.

Vorbei anscheinend die Zeiten des Vorgängers "Do Owe Harm", als man sich auf gewagtes musikalisches Terrain bewegt und mittels xenharmonischer Kompositionen die Fülle der Töne zwischen den tradierten Halbtonschritten an die Oberfläche gebracht hat. "I Won't Eat The Horror" macht dahingehend eine Zäsur und begibt sich wieder in die uns bekannten Klangwelten. Wobei, und da darf noch einmal "Stapled To Your House" herangezogen werden, die früheren Arbeiten sich dann doch noch in die aktuellen Stücke niedergeschlagen.

Das siebte Album bezieht so ziemlich alles ein, was die Band selbst, aber was auch das Genre generell ausmacht. Fast scheint es so, als rausche das gesamte Post-Punk-Wissen durch die Band hindurch, und "I Won't Eat The Horror" ist das Destillat daraus. Der unverkennbare Sound der Band, dieses der Welt entrückte Moment, scheint aber weiterhin wie ein helles Licht in tiefster Nacht und lässt gerade eine Nummer wie "Goodbyes That Last Forever" so hell erstrahlen, dass allein wegen dieses Liedes sich der Kauf der Platte schon lohnt. Da kann man sich auf die nächsten drei simultan entstehenden Alben nur freuen.

||TEXT: DANIEL DRESSLER | DATUM: 16.02.21 | KONTAKT | WEITER: KURZ ANGESPIELT 4/21>


Webseite:
feedingfingers.bandcamp.com

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COVER © TEPHRAMEDIA

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