DURAN DURAN UND "THE CHAUFFEUR": ENDSTATION SEHNSUCHT - UNTER.TON | MAGAZIN FÜR KLANG- UND SUBKULTUR

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DURAN DURAN UND "THE CHAUFFEUR": ENDSTATION SEHNSUCHT

Kling & Klang > HINTER DER MUSIK > ZWISCHEN DEN ZEILEN


Weder im Refrain, noch in der Strophe findet sich der Titel wieder. Und doch baut sich über ihn die ganze Spannung dieses Liedes auf: Für sich genommen wirkt der Text wie die Innenschau eines Mannes, der mit (s)einer Frau einen Ausflug zum Strand macht. Doch der Titel "The Chauffeur" ruft sämtliche standes- und gesellschaftspolitischen Konventionen hervor: Das Verhältnis von Chauffeur und Chauffierten ist auch jenes von Diener und Vorgesetzten, von Gehorsam und Machtausübung. In diesem Spannungsverhältnis werden die Gedanken des Wagenlenkers erotisch aufgeladen: ein langsam einblendender Synthesizer, begleitet von minimalen Rhythmussequenzen, taucht die Autofahrt in eine nebelige Atmosphäre. Der ruhige Anfang entspricht der quasi in Zeitlupe ablaufenden Beobachtung des Mannes am Steuer, der sich in schwülen Gedanken verliert. "You Sit Beside Me, So Newly Charming. Sweating Dewdrops Glisten Freshing Your Side."

Jede noch so kleine Regung nimmt der Chauffeur bei der angebeteten, sprichwörtlich beneidenswerten Frau ("My Envied Lady") wahr. Er kann sogar ihren Herzschlag hören, der im Gleichklang des Motors zu schlagen scheint. "And The Droning Engine Throbs In Time With Your Beating Heart." Der sehnsüchtig hinausgesungene, eigentliche Refrain "Sing Blue Silver" verweist ein weiteres Mal auf die Noblesse der Szenerie: Das Silber eines Rolls Royce kommt einem in den Sinn und forciert die formale Strenge, hinter der sich die begehrenden Gedanken unentwegt ausbreiten.

Ein einsetzendes Schlagzeug und fast schon surreal anmutende Klänge einer Okarina wirken wie die Verselbstständigung der Gedanken des Fahrers, der es nicht schafft, hinter das Geheimnis der immer unnahbareren Frau zu gelangen: "What Glass Splinters Lie So Deep In Your Mind", so seine fast schon anklagende, stumme Frage an die Beifahrerin. Doch die Distanz ist zu groß, vielleicht die Herkunft der beiden Protagonisten zu verschieden. Der Fahrer ahnt es bereits im voraus: "And I'll Only Watch You Leave Me Further Behind". Das kurze, gedanklich intime Glück bleibt nicht von Dauer. Und so verhallt am Ende auch die Synthesizersequenz ins akustische Nirwana. Als ob die Silhouette der mysteriösen Dame im vom Auto aufgewirbelten Staub verschwimmt. Doch es bleibt offen, ob wir es hier nicht doch mit einer reinen Fantasie eines Mannes zu tun haben, der aufgrund der Hitze in Delirium gefallen ist.

"The Chauffeur" ist ein tönerner, surrealistischer Schwarz-Weiß-Film, der Realitäten in maritimer Hitze undeutlich werden lässt - und eine unterschwellige Erotik hinter gesellschaftlichen Rollenbildern offen legt. Auch der dazugehörige Videopclip greift diesen Gedanken wunderbar auf. Aber das ist eine andere Geschichte...


|| TEXT: DANIEL DRESSLER // DATUM: 13.08.2014 ||


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FOTO © UNTER.TON/ANTJE BISSINGER.


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