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Seit ihr mit "Un:Welt" euer letztes Werk veröffentlicht habt, ist einige Zeit vergangen – das Kompendium "Past:ique" einmal ausgenommen. Was ist in dieser Zeit so alles im Hause NOYCE™ passiert?
Diese Frage haben wir uns auch schon oft gestellt! Ganz im Ernst: Es ist jedes Mal wieder erschreckend, wenn einem bewusst wird, wie die Zeit vergangen ist. Wir haben viel daran gearbeitet, dass NOYCE™ auch live funktioniert und charmant wird. Nachdem unser ehemaliger Drummer Anfang 2009 ausgestiegen ist, kam Markus Poschmann zur Band, der mit Gitarre und singender Säge das Livebild der Band grundsätzlich verändert hat. Dann standen eine Menge Konzerte und Festivals auf dem Plan: Wave Gotik Treffen, M’era Luna, Blackfield Festival, Dark Munich Festival oder Summer Darkness. Viel Zeit haben wir überdies in die Videos für unsere Live-
Mit der neuen Single "Fall[out]" habt ihr Euch eindrucksvoll zurückgemeldet; die Reaktionen darauf waren ja überwältigend. Hast Du mit so einem Zuspruch gerechnet, oder tauchten kurz vor der Veröffentlichung doch eher Zweifel auf?
Es ist schon beeindruckend, dass wir eigentlich immer von allen Seiten sehr positives Feedback für unsere Veröffentlichungen bekommen. Ob nun durch Fanpost, nach Konzerten oder in Form von Reviews. Es freut einen natürlich, wenn der eigene musikalische Geschmack auf Gegenliebe trifft! Zweifel allerdings würden bedeuten, dass wir uns unserer Sache nicht sicher sind. Solche Gedanken haben wir aber spätestens 2006 mit dem Album "Coma" abgelegt und fragen uns nicht mehr, wer was warum über uns denkt. Das war ein ganz wichtiger und vor allen Dingen befreiender Schritt für uns, der sich auch in der vielschichtigen Art, wie wir Musik machen, widerspiegelt. Es wäre ein leichter, kreativ gesehen allerdings eher unbefriedigender Weg, auf dem kommenden Album fünf Lieder zu bringen, die wie "Fall[out]" klingen -
Die Single habt ihr zusammen mit Krischan von Rotersand abgemischt, einem wahren Klangzauberer. Wie wichtig war seine Mitarbeit für NOYCE™?
Es hat sicherlich sehr geholfen, dass er ein musikalischer Freigeist ist. Krischan macht seine Musik aus Überzeugung: So, wie er es eben für richtig hält, ohne sich an anderen zu orientieren. Ich finde, sein "Fall[out]" Re-
Wird er auch letzte Hand an das Album legen?
Das wäre in höchstem Maße wünschenswert und brillant!
Womit wir nun zum Kern unseres Gesprächs rücken: Nach dem ersten kleinen Leckerbissen mit "Fall[out]" warten die Fans mit Sicherheit sehnsüchtig auf das kommende Album. Wie lange müssen sie noch ausharren?
Ich gehe davon aus, dass ich diese Frage nicht zurückstellen kann (lacht). Im Ernst: Wir sind durchaus optimistisch, dass wir das bis Ende 2015 mit den Aufnahmen hinbekommen und dann im Frühjahr 2016 "Love Ends" veröffentlichen können.
Vielleicht kannst Du schon ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern: Worum wird es auf "Love Ends" gehen?
Primär wird sich das Album mit der Zeit nach einem fiktiven Atomkrieg beschäftigen. Klingt sicherlich sehr nach "Achtziger", aber ich denke, wer das aktuelle Weltgeschehen betrachtet, sieht, dass dieses Szenario momentan tatsächlich wahrscheinlicher ist als noch vor dreißig Jahren. Wie schon auf unseren früheren Alben, wird es dann auch auf dem neuen Werk verschiedene Sichtweisen zum Thema geben. Besonders spannend finde ich in diesem Zusammenhang diesen "Schritt zurück" für die Menschen: Wenn man sich von seinem starren Blick auf ein Display lösen und plötzlich wieder der zwischenmenschlichen Kommunikation widmen muss. Wenn die eigenen Hochglanz-
Generell sind NOYCE™-
Nächstes Jahr gibt es NOYCE™ 20 Jahre. Ich gebe zu, dass der bisherige Output, gemessen an der Vielzahl von Jahren, in der Tat auffällig dürftig ist. Von Zufall können wir aber nicht sprechen, denn es ist in der Tat die Perfektion, die uns oft im Weg steht! Wir haben, besonders mit "Coma" und auch "Un:welt", eine Qualität erschaffen, die wir nicht unterschreiten möchten. Ich meine, diese Alben könnten auch heute noch genau so veröffentlicht werden, ohne dass man den Songs die Jahre anhören würde. In erster Linie ist das für die Band relevant, da wir die Überzeugung vertreten, dass unsere Musik vor allen Dingen auch uns begeistern muss. So wie mit allen Dingen im Leben: Nur wenn man zu 100 Prozent von einer Sache überzeugt ist, stellt sich am Ende auch der Erfolg ein. Dies entspricht aktuell zwar nicht mehr dem Geist der Schwarzen Szene -
In früherer Zeit hast Du gesellschaftliche Missstände recht explizit angeprangert: "Karolinko" beispielsweise behandelt das Thema Kindesmissbrauch, "Inschallah" prangert Gotteskrieger an und "Un:Welt" hat das heute so große Reizthema Überwachung zum Inhalt. Werden solche "heiße Eisen" auch auf "Love Ends" angepackt?
Definitiv! Das ist, in lyrischer Form, mein kleiner Beitrag dazu, dass die Menschen nicht aufhören, sich mit Dingen zu beschäftigen, die in unserer Zeit einfach falsch laufen. In einer Welt, die immer oberflächlicher wird, finde ich diesen Ansatz durchaus nachvollziehbar. Zwei Beispiele: Nach einem Interview zur Veröffentlichung von "Past:ique" habe ich eine Mail von einem weiblichen Fan bekommen. Sie meinte, dass sie das Thema der Haie, über die ich dort gesprochen habe, tendenziell nicht relevant findet und der Meinung ist, dass ich in Interviews lieber mehr über unsere Musik erzählen sollte. Ich habe ihr dann erklärt, dass es eigentlich viel irrelevanter ist, über Musik zu reden: Am Ende des Tages kann ich noch so viel über ein Lied erzählen, wie ich will -
Angesichts der gegenwärtigen Lage mit all ihren Kriegen, den Hinrichtungen von Satirejournalisten in Paris sowie unzähligen Überwachungs-
Als eigentlich positiv denkender Mensch sehe ich die Zukunft eher skeptisch, da momentan einfach zu viele Dinge in die falsche Richtung navigieren. Religion oder Machterhalt war schon immer einer der Hauptgründe für Krieg. Eigentlich müssten wir aus unserer Vergangenheit doch endlich mal gelernt haben?! Trotzdem gelingt es immer wieder, Menschen durch Angst gefügig zu machen. Edward Snowden zum Beispiel hätte durchaus einen guten Einblick geben können, was die NSA da so treibt; aktuell unter anderem auch in Deutschland. Doch was macht er? Geht nach Russland! Also gerade dorthin, wo Regierungskritiker vor dem Kreml erschossen werden. Dem – obacht! – wohl sichersten Ort der Welt. Das war in meinen Augen nichts anderes als eine Machtdemonstration, um Angst zu schüren. Wenn man sich einmal die Zeit nimmt, unter solchen Artikeln im Netz einige Kommentare zu lesen, wird schnell klar, wie Meinungsbildung heutzutage funktioniert. Da können die Fakten auch noch so deutlich sind: Solche Firmen sind die Propaganda-
In den Booklets Deiner Alben druckst Du auch Internetadressen von Hilfsorganisationen wie Oxfam, der Kindernothilfe oder Amnesty International ab. Gab es diesbezüglich auch schon Reaktionen von den Fans?
Darauf gab es bisher leider kaum Reaktionen, was aber nicht sehr verwunderlich ist: Der Mensch beschäftigt sich eben äußerst ungern mit negativen Dingen oder Themen, die, wie vorhin bereits erwähnt, nicht direkt nach Spaß aussehen. Da wird dann immer wieder das allseits beliebte "Mir geht es doch gut"-
"Love Ends" -
Die ersten Tage nach der Geburt gab es einen Satz, der mir immer wieder durch den Kopf ging: "…und plötzlich ergibt alles Sinn!" Das bringt es eigentlich recht gut auf den Punkt. Milla ist wirklich ganz wundervoll, und es ist jeden Tag aufs Neue eine unglaubliche Erfahrung! Da ich derjenige bin, der zu Hause bleibt, ist das abendliche Musizieren immer eine schöne Ergänzung zum Tag. Aktuell würde ich sogar behaupten, dass ich öfters Musik mache als noch zuvor. Du siehst also: NOYCE™ verfolgt wirklich das Ziel, "Love Ends" fertig zu stellen!
Als Düsseldorfer Gruppe steht ihr in einer Reihe bekannter Pioniere der elektronischen Musik. Wie sehr hat die Stadt, respektive die Ruhr-
Düsseldorf hatte für mich schon immer eine unglaubliche Anziehungskraft. Mein Mitstreiter Oliver Fritz Goetz und ich sind beide hier aufgewachsen, und haben vor Ort auch die ersten Konzerte besucht: Ultravox in der "Phillipshalle", Front 242 oder Nine Inch Nails im legendären "Tor 3". Es gab Clubs wie das "Line Light", oder später dann den "Basement Club" im Stahlwerk, wo eben genau die Musik lief, die wir uns vom Taschengeld bei den unzähligen Plattenhändlern der Stadt zusammengekauft haben. Natürlich beeinflusst so ein Lebensgefühl auch das eigene Schaffen; wir wollten aber nie so klingen wie unsere musikalischen Vorbilder! Damals ging es darum, eben einfach anders sein -
Ein Kompliment, das ich mal loswerden möchte: Ich bewundere Euer Artwork, das seit Eurem ersten Werk "White Room" eine stimmige "Corporate Identity" aufweist. War Euch schon von Anfang an bewusst, das NOYCE™ optisch klar definiert ist?
Vielen lieben Dank für das Lob! Es ist immer schön zu hören, wenn sich Menschen auch mit dem Artwork beschäftigen. Ich denke, das Auge "hört" mit. NOYCE™ war, neben Silence Gift, zu Beginn eigentlich nur als ein Projekt ausgelegt, bei dem wir uns frei von musikalischen Zwängen einfach ausleben können. Den Gedanken, ein Produkt zu schaffen, was auch irgendwann wieder verschwindet, fanden wir damals sehr spannend! Es sollte dabei nicht um die Personen gehen, sondern in erster Linie um die Musik. Das kindheitsprägende "™", was damals auf zig Verpackungen zu finden war, auch als Namenszusatz für unseren Namen zu nutzen, war die logische Konsequenz. Nach dem Erfolg der "Panique" Maxi-
Wie kommen die Bilder für das Artwork zu Euch?
In erster Linie dadurch, dass ich irgendwo ein Bild sehe, welches mir ein passendes Gefühl zu der vorliegenden Musik gibt. Bei der "Coma" CD war es zum Beispiel ein Foto von Heinrich Riebesehl, welches ich in der Jahrbuchsammlung "Das deutsche Lichtbild 1974" von meinem Vater schon weit vor der eigentlichen Arbeit an unserem Album gesehen hatte. Ich fand die widersprüchliche Wirkung des Bildes schon immer faszinierend. Die Frau im Kornfeld: Schreit sie? Singt Sie? Ist die Faust auf Frustration zurückzuführen, oder doch nur eine entspannte Haltung beim Singen? All diese Fragen hätte ich Herrn Riebesehl gerne gestellt. Als ich nach einiger Recherche schließlich seine Telefonnummer herausbekam, erzählte mir die Frau des Fotografen jedoch, dass es ihrem Mann leider nicht gut gehen würde und ich mich deshalb bitte direkt an die Galerie wenden solle, die die Rechte an dieser Aufnahme hat. Das habe ich dann auch getan. Mir war aber von Anfang an klar, dass dieses Foto und all die offenen Fragen perfekt zu unserem "Coma"-
Abschließend noch eine eher kurzweilige Frage: Kannst Du Dich noch an das erstes Album erinnern, das Du Dir von Deinem Taschengeld gekauft hast?
Das allererste Vinyl war die Single "Bostich" von Yello! Mein erstes Album müsste "Rage in Eden" von Ultravox gewesen sein. Beides Bands, die mich sehr lange begleitet haben!
|| INTERVIEW: DANIEL DRESSLER | DATUM: 03.07.15 | KONTAKT | WEITER: GESPRÄCH MIT JEAN DELOUVROY -
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FOTOS © SIMONE HORN.
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