6/21: GREY GALLOWS, WISBORG, VEIL OF LIGHT, FEU FOLLET - DEPRI ON THE DANCEFLOOR - UNTER.TON | MAGAZIN FÜR KLANG- UND SUBKULTUR

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6/21: GREY GALLOWS, WISBORG, VEIL OF LIGHT, FEU FOLLET - DEPRI ON THE DANCEFLOOR

Kling & Klang > KURZ ANGESPIELT > 2021

Es ist Frühling. Die nach Vorstellung vieler Schwarzmantelträger albern machende Sonne gewinnt an Kraft. Manch einer verspürt da den Drang nach Leibesertüchtigung, um vielleicht den Winter-Corona-Bauch wieder etwas zu straffen.

Für den passenden, stilvoll schwermütigen, Rahmen sorgt das griechische Dark-Wave-Kombinat Grey Gallows, die mit "The Garden Of Lies" bereits ihren dritten Langspieler auf die Menschheit lossgelassen haben. Frei nach dem Motto "never change a winning sound", haben die "grauen Galgen" - so die Übersetzung des Bandnamens - ihr Seelenheil in einem waberigen Cold Wave klassischer Prägung gefunden. Kalte, redundante Bass- und Gitarrenfiguren, etwas Elektronik untergerührt, fertig ist die Reminiszenz an eine glorreiche Epoche tieftrauriger Publikumsbespaßung. Dem Puristen wirds gefallen, der Progressive dürfte mit "The Garden Of Lies" seine Schwierigkeiten haben. Von diesem unüberwindbaren Zwiespalt abgesehen, muss konstatiert werden, dass die gesanglichen Leistungen von Konstantin schon ziemlich nah an Alexander Veljanov (Deine Lakaien) heranreichen, was die zehn Songs in puncto Anspruch gleich mal ein paar Stufen nach oben drückt. Zudem findet sich über Albumlänge kein Ausfall, da das Duo eine sehr sicheres Gespür für eingängige Melodien besitzen, wie sie bei "Cold Hearts" und dem herrlich verschleppten "Grey Is The Colour" (mit einem an "I Ran" von A Flock Of Seagulls erinnernden Auftakt) besonders schön verdeutlichen. Mit dem sphärischen "All Men" verlässt man sich nur noch auf ein Sprachsample, begleitet von schummrigen Arpeggios aus den Musikmaschinen. Ein würdiger Abschluss eines insgesamt runden Albums.

Nicht minder vergnüglich und bewusst in die Retro-Falle getappt sind Wisborg, die seit ihrer Gründung anno 2017 mit schöner Regelmäßigkeit Alben abliefern, die sich nicht all zu sehr darum scheren, irgendeinem Trend zu folgen, sondern nur ihrem eigenen. Nach dem Debüt "The Tragedy Of Seconds Gone" (2018) und dem ein Jahr später folgenden "From The Cradle Into The Coffin" hat man bereits gemerkt, dass das Projekt um den charismatischen Sänger Konstantin Michaely durchaus einen Plan hat, was sich unter anderem bei der Beibehaltung der Plattenhüllendesigns im angedachten Art-Déco-Stil deutlich niederschlägt. Der "rote Faden" ist dort ein blutroter Fluss, der sich stets durch das Layout zieht. Parallel dazu folgen auch die Alben, also nicht zuletzt das aktuelle "Into The Void" einem klaren Konzept: Schnörkelloser Gothic-Rock wird in Kontrast zu deutlich elektronischeren Songs gestellt. So stehen die peitschenden Gitarren von "I Believe In Nothing" den straighten Vierviertelbeat und neonleuchtenden Synthiearpeggien von "L'amour fait mal" (mit Fetischmodel Dani Divine als Gaststimme) diametral gegenüber. Dann und wann finden die beiden stilistischen Pole einen wunderbaren Einklang, oftmals stäuben sie auseinander. In "Platonically Arousing" jedoch finden sie aber eine einmalige Eintracht, die durch den unerwartet exaltierten Gesang Michaelys (der so klingt, als wäre Chris Corner von IAMX in seinen Leib gefahren). Auch Wisborg schaffen es, Altbekanntes frisch und aufregend klingen zu lassen.

Und wo wir gerade bei der Betrachtung der künstlerischen Gestaltung des Covers sind: Veil Of Light gehen da einen nicht gerade subtilen Weg mit der abgebildeten Rose für ihr neues Album "Landslide". Das schreit nach einer deutlichen Reminiszenz an Depeche Modes "Violator", was zu Rückschlüssen über das Songmaterial von Veil Of Light führt. In dieser Hinsicht macht es uns die Band nicht ganz so einfach. Sicherlich findet sich in dem ätherischen Pop-Sound mit ganz denzentem Industrial-Anstrich auch Spurenelemente der Jungs aus Basildon, viel mehr steht der lässig-coole Gesang als Gegenentwurf zur Strenge der Elektronik eher für die stilistischen Prinzipien von New Order. Ist aber nicht weiter von Belang. Denn abseits aller Mutmaßungen über die musikalische Sozialisation der Jungs, müssen die Songs einfach zünden. Und das tun sie - allen voran "No Return" und "Love And Money", welche die beiden Eckpfeiler in der Musik von Veil Of Light perfekt ausarbeiten: elegant-distanzierter New Romantic auf der einen Seite, klassischer EBM mit einem Schuss Pop angereichert auf der anderen Seite. Stets streben die Musiker dabei das Ziel an, sich von bereits Gehörtem und Komponierten zu befreien, um ihre eigene Sprache zu kreieren. Ein fast schon unmögliches Unterfangen. Doch allein die Ambition, es nicht so zu versuchen wie unzählige andere Musizierende vor Veil Of Light, lässt ihr "Landslide" zu einem angenehmen Hinhörer avancieren.

Albain Blaising macht es uns relativ einfach. Als Inspirationsquellen gibt er Filmmusiken von "Top Gun" und "Blade Runner" an. Dementsprechend ist sein Sound ein vor allem an John Carpenter gemahnendes Breitwand-Vergnügen. Früher hat sich der Musiker, der sich Feu Follet nennt, reine Instrumentale produziert. Tatsächlich war der Ruf der Presse nach gesanglicher Unterstützung aber so groß, dass er sich für das aktuelle Werk "Beneath The Earth" dazu entschlossen hat, Gastsänger mit ins Boot zu holen. Alexander Donat von Vlimmer, XTR Human, Pat Aubier, Isabelle B. Baumann und Natacha Lubin unterstützen den Musiker bei seinem ambitionierten Unterfangen, dem auch ein Comic beigefügt ist, der wie ein Kinderbuch anfängt und sich immer mehr zu einer surrealistischen Mär mit heidnischem Anstrich auftürmt (mehr soll an dieser Stelle nicht verraten, nur soviel: Der Kauf dieser Edition mit hübsch gezeichnetem Beiheft lohnt sich). Musikalisch bietet der Mann aus dem wunderschönen Nancy in Frankreich einen herrlichen Synth-Wave, der die 80er mit sehr viel Neonlicht ausleuchtet und damit dem momentanen Trend entspricht. Aber, und das macht Feu Follet so sympathisch, besitzt das Projekt noch genügend Ecken und Kanten, um nicht zu gefällig zu werden. Vor allem jene Stücke, die vom Vlimmer-Frontmann besungen werden, besitzen bei aller Elektronik und flirrenden Synthie-Sequenzen diesen Post-Punk-Moment. Eine kleine,aber feine Überraschung, dieses Album.



||TEXT: DANIEL DRESSLER | DATUM: 31.03.21 | KONTAKT | WEITER: IM GESPRÄCH - JANUS>

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Webseiten:
greygallowsgr.bandcamp.com
www.wisborg-band.com
veiloflight.bandcamp.com
www.facebook.com/FeuFollet54

Covers © Cold Transmission (Grey Gallows), Danse Macabre/Al!ve (Wisborg), Avant! Records (Veil Of Light), Blackjack Illuminist Records (Feu Follet)

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