FERNANDO'S EYES "CENTER OF YOUR WORLD" VS. FEU FOLLET "SWAMPS OF SADNESS": EINZEL- UND GEMEINSCHAFTSARBEIT
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Dreh- und Angelpunkt bei Principe Valiente war und ist aber Fernando Honorato, dessen klagender, elegischer Gesang, der in einigen Momenten sogar an David Bowie erinnert, das stilprägende Merkmal der Band.
Der Entschluss, nun als Fernando's Eyes vorerst alleine weiter zu machen, dürfte sich aus dem Wunsch speisen, ein Album zu erschaffen, bei dem der Musiker sich nicht auf Kompromisse einlassen muss, die eine Band zwangsläufig einfordert - sei es nun musikalischer oder textlicher Natur. Der Titel dieses Solo-Projekts mag da ein Hinweis sein: Sehen wir durch dieses Album mit den Augen des Künstlers? Erleben wir hier den "authentischen" Honorato, der unmittelbar seine Gefühlswelt den Hörern offenlegt?
Zweifelsohne besitzt das neue Werk eine deutlich musikalischere Freiheit. Angelehnt an die hymnischen Indie-Pop-Songs der mittleren 80er Jahre, verbreiten Stücke wie "Lady In Black" eine träumerisches Flair, hervorgerufen durch breite Synthieflächen, verwaschene Gitarrenriffs und Fernando's eindringlicher Stimme. Ebenso ist "The Fire Of The Night" bis an die Decke mit epischer Klangdichte austapeziert. Das Stück ist ein einziger Wattebausch aus weltschmerzlichen Tönen.
Dem gegenüber steht ein vergleichsweise überschaubarer Song wie "To Hell With You" mit einer treibenden Schlagzeugsektion und rollenden Basslinien. Dass Fernando aber in erster Linie ein Freund des goldenen Popjahrzehnts, vulgo: 80er, ist, konnte man nicht zuletzt an seiner aufflammenden Liebe für Coverversionen ausmachen. Sein erster Versuch mit Principe Valiente, eine Neuinterpretation von Mr. Misters "Broken Wings", konnte man als amtlich bezeichnen.
Nun überrascht er mit einer fast schon vergessenen Perle: "Live To Tell" von Madonna. In der Version von Fernando's Eyes wird zwangsläufig das dunkle Moment dieser Komposition herausgearbeitet und die glatte Pop-Produktion zu einer existentialistischen Nummer umgedeutet. Und ehrlicherweise ist die gesangliche Darbietung Fernandos intensiver als bei Frau Ciccone, was aber den popkulturellen Umständen geschuldet ist. "Live To Tell" ist neben "Frozen" vielleicht Madonnas bester Song, der durch Honoratos Variante noch mehr an Substanz gewonnen hat. Es ist der Abschluss eines Werkes, das langjährige Principe-Fans sicher goutieren werden.

Die Folge: Das Album könnte wie ein Sampler klingen. Dass es das gerade nicht tut, ist Albain hoch anzurechnen. Er schafft es, einerseits ein musikalisches Gewand passgenau auf die entsprechenden Sänger zu entwerfen und behält dabei aber die stilistische Richtung seines neuesten Werkes "Swamps Of Sadness", das sich getreu dem Titel in den "Sümpfen der Traurigkeit" suhlt, scharf im Auge. Doch so ganz dramatisch ist es dann doch nicht. Zumindest nicht musikalisch - und vor allem dann nicht, wenn Thomas Schernikau den Gesang übernimmt. Der Mann, der der vielleicht besten Depeche-Moder-Coverband Deutschlands vorsteht, bringt mit seinem angenehmen Bariton Licht in die Stücke "Dreams" und "No Sorrow".
Kaskadenartige Synthesizerarpeggios gehören ebenso zum musikalischen Wortschatz des Franzosen wie markige Gitarrenriffs und schneidige Beats. All dies vereinigt sich im eindringlichen "No Destiny", bei dem Widerborstigkeit und Wohlklang eine magische Beziehung eingehen. Feu Follet macht es manchmal seinen Hörern nicht einfach; seine Kompositionen schlagen manchmal innerhalb seiner unerwartet Haken. Daher erwartet Albain von seiner Hörerschaft maximale Aufmerksamkeit. Dafür krendenzt er mit "Swamps Of Sadness" ein Album, das nicht nach dem ersten Durchlauf bereits zu den Akten gelegt werden kann.
Das Projekt hat es geschafft, so viele Details in die Songs einzubauen, dass es fast unmöglich ist, sie alle beim ersten Mal wahrzunehmen. Dafür passiert zu viel auf diesem Longplayer. Jede weitere Beschäftigung mit ihm eröffnet daher neue Facetten und Klanglandschaften. Auch wenn dieser Begriff viel zu abgeschmackt klingt: "Swamps Of Sadness" ist großes Kino.
||TEXT: DANIEL DRESSLER | DATUM: 29.07.25 | KONTAKT | WEITER: ENSEMBLE ÉLITAIRE VS. ROTERSAND>
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COVERS © Aenaos Records (Fernando's Eyes), Blackjack Illuminist Records (Feu Follet)
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