MARSHEAUX UND DEPECHE MODE: "MANCHE SONGS SIND EINFACH HEILIG!" - UNTER.TON | MAGAZIN FÜR KLANG- UND SUBKULTUR

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MARSHEAUX UND DEPECHE MODE: "MANCHE SONGS SIND EINFACH HEILIG!"

Im Gespräch


Liebe Sophie, liebe Marianthi - vielen Dank, dass ihr euch die Zeit für UNTER.TON genommen habt.

Momentan werkelt ihr fleißig an eurem "A Broken Frame"-Tribute. Gleich ein ganzes Depeche Mode-Album zu covern; das klingt nicht nur mutig und interessant, sondern auch nach jeder Menge Arbeit. Zumal dieses Frühwerk der Jungs aus Basildon selbst von hartgesottenen Fans der ersten Stunde meist mit Verachtung gestraft wird. Auch die Musikjournaille sieht “A Broken Frame” nicht gerade als Meisterstück; Depeche Mode hatten ja zumindest für eine kurz Zeit das einsame Highlight “The Sun And The Rainfall” in ihrem Live-Repertoire.

Warum habt ihr euch gerade dieses Album herausgepickt?

Sophie: Wir hatten gleich zwei Favoriten für dieses Projekt: "Some Great Reward" oder eben "A Broken Frame". Am Ende haben wir uns für Letzteres entschieden, weil es nicht nur das bei weitem unterschätzteste Album von Depeche Mode ist, sondern wir damit einfach auch besser arbeiten konnten. Es klingt viel mehr nach "uns" als "Some Great Reward" und passt deshalb perfekt zum musikalischen Stil von Marsheaux. Es mag sein, dass Depeche Mode selbst nicht mehr so gern mit "A Broken Frame" in Verbindung gebracht werden wollen, aber das wird sich in naher Zukunft sicherlich ändern. Wenn die breite Masse mal endlich realisieren würde, dass "A Broken Frame" quasi das Symbol für den Neustart von Depeche Mode ist und die Musik hier, im Vergleich zum Vorgänger "Speak and Spell", bereits wesentlich härter klingt, würde sie auch begreifen, welche enorme Bedeutung dieses Album für Musik- und Bandgeschichte ist. Ein ganz ähnliches Schicksal hat zum Beispiel OMDs "Dazzle Ships" durchlebt: Die Kritiken waren damals ähnlich vernichtend, die Verkäufe ein Desaster und die Band selbst hatte das Ganze längst abgeschrieben. 30 Jahren später stellt sich plötzlich heraus, dass gerade dieses Album unzählige Künstler maßgeblich beeinflusst hat. Wir sind uns sicher, dass sich diese Geschichte mit "A Broken Frame" sehr bald wiederholen wird!

Wann ist euch Depeche Modes "A Broken Frame" zum ersten Mal über den Weg gelaufen, und was haben euch die Songs zu dieser Zeit bedeutet?

Marianthi: Keine von uns hat sich das Album gekauft, als es damals esrchienen ist. Wir waren irgendwie zu jung und haben uns überhaupt nicht dafür interessiert; ich stand zu dieser Zeit mehr auf The Cure, Sophie fuhr total auf die Jungs von Duran Duran ab. Natürlich kannten wir die Singles und die Songs, die später mal im Radio gespielt wurden. Um ehrlich zu sein, hätten wir nie gedacht, dass Depeche Mode ohne Vince (Clarke) so erfolgreich werden würden. Es war eine echte Überraschung, als wir plötzlich feststellen mussten, dass "A Broken Frame" einfach großartig ist.

Welchen Titel mögt ihr auf dem Album persönlich am liebsten?

Sophie: Ganz klar – Sun And The Rainfall.
Marianthi: Ich mag Leave In Silence!

Wann ist die Idee zu diesem Projekt entstanden, und wie hat sich das Depeche Mode-Cover entwickelt?

Marianthi: Vor ungefähr vier Jahren sind Sophie und ich gemeinsam verreist und haben dabei ganz spontan mal unsere IPods getauscht. Da ist uns aufgefallen, dass sich zwischen all den anderen Songs von Depeche Mode auf beiden Geräten das komplette "A Broken Frame" Album befand. Wir haben das Ganze dann nochmal zusammen durchgehört – und relativ schnell beschlossen, die Tracklist komplett zu covern. Es gab keine Deadline für das Projekt, also wurde erst mal ein paar Monate in aller Ruhe an den Songs herumgetüftelt. "Monument" sowie "The Sun And The Rainfall" haben wir dann an unsere Plattenfirma, Undo Records, geschickt und die waren sofort begeistert. Spätestens ab diesem Moment war klar, dass das Ganze schlussendlich auch als Album veröffentlicht werden soll. Mittlerweile ist übrigens alles fix im Kasten und wir sind unglaublich zufrieden mit dem Ergebnis.

Einen ersten Teaser gab es im Netz ja bereits mit "Secret Garden" zu hören. War für euch von Anfang an klar, dass sich die Cover-Versionen möglichst nah am Original bewegen sollen?

Sophie: Wir wollten auf jeden Fall die Melodieführung beibehalten und dann unseren eigenen Sound dazumischen. Das ist gerade im Hinblick auf die rechtliche Situation wichtig. Auf gar keinen Fall sollte die für ein solches Projekt notwendige Lizenz gefährdet werden oder am Ende irgendwelche anderen Probleme dieser Art auftreten. Aber im Studio haben wir dann schon relativ viel experimentiert. Von "Nothing To Fear" zum Beispiel gibt es jetzt gleich zwei Versionen; eine mit Gesang und eine als reine Instrumental-Nummer. Das Ergebnis klingt wirklich 100-prozentig nach Marsheaux!

Kam euch im Studio je der Gedanke, dass ihr da tatsächlich gerade Songs von den Halbgöttern Depeche Mode einspielt? Welche Gefühle haben euch während der Aufnahmen begleitet – Respekt? Demut? Angst?

Marianthi: Wir haben generell wahnsinnig viel Respekt vor Depeche Mode; nicht nur im Studio. Sie sind aus verschiedenen Gründen extrem wichtig für uns: Zum ersten Mal getroffen haben wir uns auf einer Hysterika Party des griechischen Depeche Mode Fanclubs; vielen andere Dinge, die in unserem Leben wichtig sind oder waren, verbinden wir mit dieser Gruppe. Ihre Songs sind uns komplett vertraut und dementsprechend leicht zu covern. Trotzdem würden wir uns nie im Leben an Tracks wie "Shake The Disease", "Stripped", "Dressed In Black" oder "Stories Of Old" herantrauen. Manche Songs sind einfach heilig, man darf sie nie berühren.

Sind durch das Projekt auch persönliche Kontakte zu Depeche Mode entstanden und wenn ja, wie haben Band oder Umfeld auf das Cover-Album reagiert?

Sophie: Leider nein, aber Nick und George von Undo Records hatten letztens einen Termin bei Mute und haben in London unter anderem auch über unser Projekt gesprochen.

"A Broken Frame" soll, ganz exklusiv, nur im Rahmen eurer Live-Shows am Merch-Table zu haben sein. Viele Fans werden dabei vermutlich leer ausgehen. Sind eure Pläne noch aktuell, oder habt ihr euch in letzter Minute doch noch erweichen lassen?

Marianthi: Wir wollten das eigentlich so machen, aber Plattenfirma und Vertrieb haben dann doch auf eine reguläre Veröffentlichung bestanden und uns am Ende einfach überstimmt. Dazu kam das große Interesse von Seiten der Fans; unzählige Nachrichten und Mails, nachdem wir den Teaser via Facebook online gestellt hatten. Es hat nicht wirklich lange gedauert, bis wir unsere Meinung zu dieser Sache geändert hatten. Das Gleiche ist uns ja damals schon bei "Ebay Queen Is Dead" passiert; das Album war anfangs ebenfalls nur für den Live-Merchandise gedacht, aber viele Fans, die selbst nicht zu den Shows reisen konnten, fühlten sich auf diese Art und Weise benachteiligt. Am Ende wurden die restlichen Alben dann doch über den Undo Records-Store im Internet verkauft.

|| ÜBERSETZUNG: ANTJE BISSINGER / FRAGEN: DANIEL DRESSLER | DATUM: 08.12.14 | KONTAKT | WEITER: RÜDIGER ESCH "ELECTRI_CITY" >


Website
www.marsheaux.com

FOTOS © MARSHEAUX.

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