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Auf seiner wunderbar größenwahnsinnigen Vortrags-
"Wäret ihr doch wenigstens heiß! Oder wenigstens kalt! Aber ihr seid nur lauwarm, und ich spucke Euch aus", ließ der Mime seinen Heiland sagen, wobei Kinskis eigene Ansichten zum Thema Gesellschaft nebst christlicher Heilslehre eine eigenwillig charmante Mixtur ergaben.
Allerorts herrscht lähmender Konservatismus von einer Qualität, wie sie zuletzt wohl eher in Zeiten des Wirtschaftswunders begegnete.
Das Schlimme daran ist, dass sich diese nett-
Teenies und Adoleszente, Menschen also, die nicht nur die Energie, sondern auch den Mut zur Veränderung und Weltverbesserung aufbringen sollten, mutieren immer mehr zu gedankenlosen und fantasiebefreiten Opferlämmern der Unterhaltungsindustrie.
Määäh!
Technik ist das neue Opium fürs Volk, Steve Jobs (selig) der Messias und Elektrofachmärkte die Kathedralen unserer Zeit. Die gesamte Weltansicht passt in ein Smartphone mit wenigen Zentimetern Bildschirm; medial diktiertes Meinungs-
Neben dem auf Leistung getuneten Fortschrittsglauben und den Pseudo-
Kein Aufbegehren gegen bestehende und offensichtliche Missstände ist zu erkennen. Stattdessen suchen Mann und Frau nach konsumkapitalistischer Sicherheit, multiplizieren durch kontinuierliche Anhäufung fragwürdiger Statussymbole die schalen Botschaften der (Werbe-
Alternativen Lebensentwürfen und Utopien wird heutzutage scheinbar so wenig vertraut wie zu Beginn der 1960er Jahre.
Tendenzen für eine reaktivierte Prä-
Gehörte die für den Erfolg auf Jetset blondierte Sängerin mit dem Grillhähnchen-
Keine Überraschung eigentlich: Schließlich sind Ecken und Kanten sowie die damit verbundene Individualität irgendwie schon vor Jahren aus der Mode gekommen.
Was also ist dieser Tage noch übrig von der verheißungsvollen "Neuen Neuen Deutschen Welle", die zum Millennium (lang ist's her) einen unverkrampften Umgang mit unserer Sprache in der Popmusik propagierte? Nur die traurige Erkenntnis, dass sich Deutsch-
Am Ende dieser auflösenden Entwicklung steht nun "Wolke 4" von Philipp Dittberner & Marv, der wie kein anderer Song das ganze popkulturelle Dilemma auf den Punkt bringt.
"Lass uns die Wolke 4 bitte nie mehr verlassen, weil wir auf Wolke 7 viel zu viel verpassen", drögt der Sänger vor sich hin. "Ich war da schon einmal und bin zu tief gefallen. Lieber Wolke 4 mit Dir als unten wieder ganz allein".
Was bedeutet das im Klartext? Große Gefühle, Träume und vor allen Dingen auch Ideale passen nicht in die durchgestylten Lebensentwürfe der Generation 2.0.
Suche gar nicht erst nach dem Besonderen, der alles erfüllenden Liebe. Ist alles wahnsinnig unbequem und furchtbar anstrengend. Halte lieber Ausschau nach einem Partner der Marke Pflegeleicht, der keine größeren Erwartungen an Dich stellt und da hinten in der schwedisch-
Kontrollverlust ist irgendwie bescheiden, klar. Schleichende Desillusionierungsprozesse? Ebenfalls wenig schön. Aber in einer derart leidenschaftsarmen Existenz, frei von Höhen und Tiefen, können sich Mann und Frau doch auch gleich die Kugel geben.
Nur wer sich traut, auf der Landkarte des Lebens auch mal unbekanntere Wege zu gehen, findet am Ende neben Erkenntnis und Sinn vielleicht auch zu sich selbst. Das ganz große Glück verspüren, mit jeder Faser des Körpers – das funktioniert nur, wenn das Unglück längst keine unbekannte Größe mehr ist.
Davon scheint Philipp Dittberner – und mit ihm auch ein Großteil der Deutschen – meilenweit entfernt.
Der Erfolg dieses Songs zeigt aber noch mehr: Er spiegelt die allgemeine Katatonie dieses Landes wider, in dem jeder Mensch im Grunde nur eine Insel ist und es ohne erkennbare (Er-
Arrogante Selbstgefälligkeit im Schutze der dreifaltigen Merkel-
In einem kürzlich geführten Gespräch mit Krupps-
Und er hat recht: Eigentlich ist dieser grundlegend ethisch-
Doch bis es endlich soweit ist, muss der lähmende Bequemlichkeits-
|| TEXT: DANIEL DRESSLER / ANTJE BISSINGER | DATUM: 17.08.15 | KONTAKT | WEITER: KOMMENTAR ANDREAS KÜMMERT-
FOTO © UNTER.TON/ANTJE BISSINGER.
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