KEVIN HASKINS "BAUHAUS - UNDEAD": JUBILÄUMSINVENTUR
Herzlich Willkommen im Club 40, liebe Gothic-Gemeinde! Denn nach Disco und Punk darf sich nun auch die nihilistische Sub-, respektive Jugendkultur mit Hang zum Morbiden für die Feierlichkeiten zum runden Geburtstag zurechtmachen. Schließlich war - schenkt man diversen Musik- und Internetenzyklopädien Glauben - "Bela Lugosi's Dead" anno 1979 der erste Goth-Track ever, und ein Jahr darauf das Album "In The Flat Field" die erste Platte dieses Genres. Beide Meilensteine verdanken wir nur einer Band, nämlich jener mit der deutschen Architekturepoche als Namen: Bauhaus.
Dabei hat es diesen Begriff "Gothic" damals natürlich in dieser Form noch nicht gegeben. Doch Sänger Peter Murphy, Gitarrist Daniel Ash, Bassist David J und Schlagzeuger Kevin Haskins haben es geschafft, in den subkulturellen Wirren von Post-Punkern, aufkeimendem Popper-Tum und dekadenten New Romantics etwas zu erschaffen, das so weit weg von allem war und gleichzeitig wieder alles vereint, was in dieser Zeit im gärigen England die Gemüter bewegt hat.
Bis 1983 veröffentlichten Bauhaus nur vier Alben (zuzüglich eines letzten Abgesangs im Jahre 2008). Ein kein besonders breites Oeuvre. Doch mehr als genug, um die Gruppe als die einflussreichste in der Schwarzen Szene zu machen - und Frontmann Peter Murphy den dusseligen Titel "Godfather of Goth" zuzuschustern.
Was sich allerdings so an Nippes und Kuriositäten innerhalb einer so kurzen Zeitspanne anhäufen kann, zeigt "Bauhaus - Undead" in liebevollster Kleinarbeit. Kevin Haskins ist bei Bauhaus wohl dafür zuständig gewesen, die ganzen Memorabilien während ihrer Karriere zu sammeln und zu horten. Vielleicht nur für sich oder für die anderen Bandmitglieder, damit man sich gemeinsam beim Durchstöbern dann ganz sentimental kleine Tränchen der Rührung und Nostalgie wegwischen kann.
Oder man sortiert und sichtet eben alles, um es in Buchform der immer noch zahlreichen Fangemeinde zum Geschenk zu machen. In diesem Fall hat sich Haskins Sammelleidenschaft voll rentiert. Von punkig selbstgemachten Flyern über Konzertkarten bis hin zu ordentlichen Künstlerverträgen oder Auslandsvisa, diversen Live- und Privataufnahmen (herrlich ungruftig: Die Jungs "oben ohne" auf dem Bolzplatz) sowie jeder Menge anderer Devotionalien, die das dunkle Herz eines jeden Bauhaus-Jüngers höher schlagen lassen, rekonstruiert der Schlagzeuger, flankiert mit seiner ganz persönlichen Sicht auf die Bandkarriere, sehr engmaschig und visuell überbordend das kurze Leben auf der Gothic-Überholspur.
Auf über 300 Seiten beschreibt er Videodrehs, die legendären Aufnahmen beim Radio-DJ John Peel sowie den gefeierten Auftritt auf dem Coachella-Festival 2005, bei dem Peter Murphy zu "Bela Lugosi's Dead" kopfüber auf die Bühne angeschwebt kam und zehn Minuten (!) in dieser Position den Song performt hat, während der Schlagzeuger mit schlotternden Beinen kämpfen musste. Haskins Chronistenpflicht vermischt sich immer wieder mit seinem Faible für eine visuelle Interpretation der Bauhaus-Vita und offenbart recht schnell, dass es dem Vierergespann zwar auch und natürlich zuförderst um die Musik gegangen ist, das Sehen aber mindestens genauso wichtig wie das Hören scheint.
So verbirgt sich die Band-Biografie hinter einem grauen Hardcover, der das Buch zu einer geheimnisvollen Schatulle werden lässt und bei der man nur zu gerne versucht ist, sie zu öffnen. Dass dieser in vielerlei Hinsicht schwergewichtige Foliant ein kleines Vermögen kostet, lässt einen zwar kurz schlucken; der Mehrwert dieser Bauhaus'schen Generalinventur zum 40. Geburtstag ist allerdings monetär nicht aufzuwiegen. Denn "Bauhaus - Undead" ist ein Buch, das zu uns singt. Mit dem Aufschlagen der Seiten meint man gar, die einleitenden, tippelnden Schlagzeugrhythmen von "Bela Lugosi's Dead" zu vernehmen, die auch nach knapp 40 Jahren eine unglaubliche Spannung besitzen.
||TEXT: DANIEL DRESSLER | DATUM: 24.04.2018 | KONTAKT | WEITER: ST. MICHAEL FRONT "END OF AHRIMAN">
Webseite:
www.bauhausbook.com
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COVER © CLEOPATRA RECORDS
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