
Die aus OVerijssel stammende Band lärmten bereits zu zwei Dritteln erfolgreich durch die niederländische Rocklandschaft. Ihre Bühnenauftritte werden dabei als schweißtreibend und bisweilen chaotisch bezeichnet. Fakt ist aber, dass die zum Trio herangewachsene Combo (Bassist Tim Kampmann unterstützt seit vergangenem Jahr Sänger und Gitarristen Henk Wesselink sowie Schlagzeuger Ymte Koekkoek) eine unbändige Spielfreude besitzt, die sie auf ihrem dritten Album "Mammon" eindringlich unter Beweis stellen. Zwar wabert das Titelstück zu Beginn der Platte noch etwas nebulös und unschlüssig daher, doch bereits "What Have You Got To Lose" donnert mit Beton-Riffs los, während Henk mit einer schneidenden, aber dennoch angenehmen Stimme seine Texte vorträgt. Dass Money & The Man dabei die gesamte Klaviatur der Rockmusik beherrschen, zeigen sie in ihren verschiedenen, episodenartigen Einspielern wie "The Fruit" oder "Outskirts", die irgendwo zwischen Blues und Psychedelia mäandern und das Bild einer Band komplettieren, welche sich vor allem auf ihre in Massen vorhandene Energie verlassen kann. Wie bei "Something 'Bout This Girl", einem Hochgeschwindigkeitsstück, bei dem sich Himmel und Hölle zu vereinen scheinen. Natürlich sind Spuren von
Queens Of The Stone Age,
Viagra Boys,
The Black Keys oder
Pantera auszumachen, doch sind diese schon fast unter der Nachweisgrenze angesiedelt. Money & The Man sind selbstbewusst und bringen sich mit einer Vielzahl guter Songs ins Gespräch. Neben bereits oben erwähnten gehört sicherlich auch "Don't You Think You're A Cool Man" auf diese Liste. Vor allem aufgrund seiner Eingängigkeit, könnte sich dieses Stück als neuer Publikumsliebling erweisen. Auch das Sludge-Goodie "Who's There To Blame" präsentiert die Band auf einem neuen Allzeithoch. Freunde härterer Rockmusik werden hier bestens bedient.

Das beschauliche Münster hat einen nicht unbedeutenden Teil zur Popmusik beigetragen.
Donots,
H-Blockx,
Alphaville und
Westbam sind nur einige Namen, die ihre Karrieren in der nordrhein-westfälischen Stadt begonnen haben.
F. Dillinger besitzt sicherlich noch nicht diese Reputation. Doch mit ihrem neuesten, selbstbetitelten Album legt das 2015 gegründete Quartett verdammt gute Gründe auf den Tisch, warum es über die Münsteraner Grenzen hinaus bekannt werden sollte. Eines fällt sofort auf: Sie klingen wie eine alte Band. In Songs wie "Flüssigkeit" werden Anklänge an die
Puhdys sofort hörbar, aber auch das psychedelische Moment von
Pink Floyd entfaltet sich in den Kompositionen. Doch die Musikerin und Musiker sind eigentlich viel zu jung, um Bands dieser Provenienz zu kennen. Dennoch klingen F. Dillinger so, als haben sie die Zeit vor rund 50 Jahren selber miterlebt. Doch die Gruppe ist auch total im Hier und Jetzt verankert. Denn "Nachtigall" lässt die Aktualität des Albums durchscheinen, wenngleich sie auch typische Krautrockversatzstücke nutzen. Und wenn sie auf sehr beschwingte Weise den "Totentanz" einläuten, wird einem schlagartig klar: F. Dillinger sind eine Gruftie-Band im Brit-Rock-Kostüm. Es sind die romantischen Texte, die das Gespann als große Poeten der Vergänglichkeit auszeichnen. Ihren vielleicht schönsten Moment haben sie in der reduzierten, aber intensiven Ballade "1000 Stimmen", einem perfekten Song zum Nachhängen seiner Gedanken, während man aus dem Fenster auf verregnete Straßen, Häuser und Menschen blickt. F. Dillinger lieben es poetisch-bombastisch und zeigen, wie sich deutsche Sprache unfallfrei und ohne Fremdscham in internationale Soundgewänder verpacken lässt. Mit diesem Album haben die Münsteraner ein ordentliches Pfund, mit das sie wuchern können.

Bleiben wir noch in diesem Städtchen und widmen uns einem Mann namens
Marcel Bach. Seines Zeichens Schlagzeuger bei den Post-Rockern
Suntrigger, hat der Künstler seine Leidenschaft für perkussive Instrumente in ein gleichermaßen meditatives wie tanzbares Album gegossen. "Lost In Lo-Fi" arbeitet nur mit den Klängen der Handpan und einer Kistentrommel, dem Cajon. Dass Bach sich für diesen Albumtitel entschieden hat, liegt an der Aufnahmeweise dieses Albums. Der ausgebildete Musiker verzichtete bei den Studio-Sessions auf jegliche Overdubs. Damit wollte er "den rauen, wahren Klang der Instrumente" festhalten, wie es in der Pressemitteilung heißt. Wahrhaftigkeit? Ja! Aber rau? Die leicht sphärischen Klänge der Handpan, deren meditativer Charakter bei jedem Song durchscheint, geht jedenfalls stets entgegengesetzte Wege im Vergleich zum Cajon, das dem flirrenden Spiel eine erdige Note verleiht. Mehr noch: "Lost In Lo-Fi" klingt wie eine Trance-Scheibe - nur ohne Computerbeats, und in manchen Momenten wie "You Remain Near" oder "When We Are Gone" bemerkt man an sich ein rhythmisches Nicken mit dem Kopf, während die Augen geschlossen bleiben. Die Handpan-Soundscapes sind Seelenschmeichler, welche die Hörerinnen und Hörer auf eine Reise mitnehmen, deren Ziel alleine der Weg ist und das intensive Lauschen der Lieder zu einem inneren Frieden führen kann. Marcel Bach, der als Schlagzeuger schon einige Preise einheimsen konnte und als international anerkannter Drummer auch mit anderen hochrangigen Namen aus der Szene arbeitete, beweist auf dieser Platte einmal mehr sein Talent für das Herauskitzeln besonderer Töne aus den Schlaginstrumenten. Da verliert man sich gerne in Lo-Fi, wenn das Ergebnis so klingt wie bei Marcel Bach.

Auf die Kunst der Reduktion versteht sich auch
Nero Kane. Nicht wegen spärlich instrumentierter Aufnahmen, sondern wegen minimaler, redundanter Kompositionen. Der Dark Folk des italienischen Duos arbeitet in der Regel nur mit einer Melodiefigur, das als morbides Fundament für die melancholischen, todessehnsüchtigen Texte, in denen stets der Wind der Vergänglichkeit weht, fungieren. "For The Love, The Death And The Poetry" besitzt eine ähnliche Strahlkraft wie die ruhigeren Stücke der
Swans, wobei Nero Kane auf tatkräftige Unterstützung seiner nicht minder charismatischen Chanteuse Samantha Stella bauen kann. Diese bleibt ihrem
Nico-Duktus treu, wechselt aber für "The World Heedless Of Our Pain" ins Opernfach. Ansonsten gibt Nero Kane mit seinem somnambulen Timbre den Liedern eine mystisch-schaurige Aura, die durch die leiernden Sounds in "Receive My Tears" weiter potenziert wird. Das vierte Album des Zweiergespanns wirkt noch radikaler und kompromissloser in seiner Attitüde. Wie Beschwörungsrituale muten die Lieder an, in dem sämtliches Leben dem Ende entgegen zu gehen scheint. Dass der Tod in diesem Titel-Triptychon zwischen Liebe und Poesie eingeklammert wird, ist kein Zufall. Bereits der Opener "As An Angel's Voice", das mit Klängen ähnlich einem Totengeläut beginnt, sieht im Jenseits das Ende der Qual im Diesseits und die Restaurierung der Seele, die dann dem irdischen lyrischen Ich als Engelsstimme erneut erscheint. Eine tröstliche Vorstellung, die sich zwar in dem staubtrockenen Gemisch aus Americana, dezentem Blues und psychedelischem Folk sicher nicht gleich offenbart, den Hörgenuss dieses Albums aber in keiner Weise schmälert. Nero Kane zeigt sich auf "For The Love, The Death And The Poetry" auf dem Zenit ihres Schaffens.
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Covers © Muziekvereniging de Nozems (Money & The Man), F. Dillinger, Timezone (Marcel Bach), Subsound Records (Nero Kane)
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